© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Blick in die Medien
Die große Flüchtlingsshow
Tobias Dahlbrügge

Puls ist „das junge Programm“ des Bayerischen Staatsrundfunks. Puls „glüht vor“, „schielt auf die Wahlurne“ oder „schleicht in die Moschee“. Jetzt ist Puls geflüchtet: Co-Moderator Sebastian Meinberg nahm an einem Rollenspielcamp des Roten Kreuzes teil. Bei dem Erlebnis-Event „Youth On The Run“ sollen junge Deutsche ein Wochenende lang „Flüchtling“ spielen.

Diesmal sollen die Teilnehmer eine somalische Familie darstellen. Nach einem Laienschauspiel-Militärangriff geht es mit Sack und Pack auf die Reise nach Europa. Warum nach Europa und nicht ins sichere Nachbarland wird nicht gefragt. Und, wie ist es so? „N’ bißchen anstrengend und demütigend, irgendwie“, stöhnt Sebastian, der die Rolle eines Mädchens zugeteilt bekommen hat.

Bedienung der einseitigen Geschichte von traumatisierten, diskriminierten Flüchtlingen.

Die Gruppe folgt „Schleusern“ durch den Wald. „Ich fühl’ mich jetzt schon scheiße“, klagt die eine, „so kraß hab ich’s mir net vorg’stellt“, die andere. Durch den Wald geht der Marsch von Somalia in den Jemen, nach Jordanien und plötzlich ist die Gruppe in Ungarn. Der Grenzwächter aus dem Reich des bösen Orban krakeelt stilecht: „Ihr kommt hierher, um unser Geld und unsere Jobs zu klauen und Terroranschläge zu verüben!“ In einer Unterkunft bekommen sie Schweinswürste angeboten, lehnen aber trotz Hunger ab: „We are Muslims!“ Die Helferin antwortet resolut: „Dann eben nicht.“ 

 „Habt ihr schon das Gefühl, daß ihr euch richtig reinversetzen könnt in die Rolle als Flüchtling?“ forscht Sebastian rhetorisch nach. „Ich denke, wir können das nicht annähernd nachvollziehen, was die Menschen durchmachen“, antwortet brav eine mehrfach gepiercte Heranwachsende. Am Ende der „Flucht“ erscheint zum Glück die liebe „Bundespolizei“ und alles wird gut. In der „Feedback-Runde“ wird das große einseitige Narrativ der vor Krieg fliehenden Familien nochmal für die Kamera zusammengefaßt – damit die gesellschaftliche Leitlinie auch ja endlich angekommen ist.