© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Rechtlich nicht unproblematisch
Parteienfinanzierung: Das Bundesverfassungsgericht hat die NPD nicht verboten / Bundesregierung will die Partei nun von staatlichen Zuschüssen fernhalten
Christian Schreiber

Die „Tagesschau“ nannte es kürzlich „ein kleines Verbotsverfahren“. Im Januar hatte das Bundesverfassungsgericht noch entschieden, daß die NPD zu unbedeutend sei, um verboten zu werden. Gleichzeitig ließen die Karlsruher Richter aber durchblicken, daß dem Staat andere Möglichkeiten blieben, um gegen die Rechtspartei vorzugehen. Und so drückt die Große Koalition noch vor der Bundestagswahl aufs Tempo.  

Anfang vergangener Woche setzten Union und SPD einen Prozeß in Gang, mit dem die NPD von der Parteienfinanzierung aus Steuergeldern ausgeschlossen werden soll. Die Partei hat keine Abgeordneten im Bundestag oder in den Landtagen, aber mehr als hundert Vertreter auf kommunaler Ebene. Für 2016 standen der NPD rund 1,1 Millionen Euro zu. „Ein nur schwer erträglicher Zustand“, so nennt Bundesinnenminister Thomas de Maizière diese Tatsache. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich ähnlich. Der Staat müsse Feinde der Demokratie nicht finanzieren. Steuermittel für die NPD seien „eine staatliche Direktinvestition in rechtsradikale Hetze“, so Maas wörtlich. 

„Wir sollten die vom Bundesverfassungsgericht eröffnete Möglichkeit, die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, in vollem Umfange nutzen, auf allen staatlichen Ebenen“, sagte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach gegenüber dem Handelsblatt.  

Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) will die Finanzierung der NPD zum Thema bei der Justizministerkonferenz Ende Juni machen. Dabei sollen auch die Zuwendungen für NPD-Politiker in den Kommunen zur Sprache kommen. Der Entzug der Parteienfinanzierung für verfassungsfeindliche Parteien sei der richtige Weg, erklärte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Darüber hinaus geht es aber auch um die Frage, ob die Mandatsträger solcher Parteien weiterhin öffentliche Gelder bekommen sollten.“ Allerdings räumte die Ministerin ein, daß das Vorhaben rechtlich nicht unproblematisch sei. Dabei trifft das Vorhaben der Groß-Koalitionäre nicht nur auf breite Zustimmung.  Die Wochenzeitung Die Zeit kritisierte das Vorhaben als undemokratisch: „Solange eine Partei nicht verboten ist, sollte sie am politischen Wettbewerb teilnehmen dürfen.“ 

Der Parteienrechtler Martin Morlok hat den Vorstoß dagegen positiv bewertet. „Der Staat ist nicht verpflichtet, seine eigenen Feinde zu finanzieren“, sagte er der Welt. Die aktuelle Regelung bezeichnete  der Düsseldorfer Universitätslehrer allerdings als „irrsinnig“. Kritisch bewertet Morlok vor allem die Art, wie de Maizière sein Vorhaben umsetzen wolle: „Eine Grundgesetzänderung sollte man nicht so kurz vor Ende der Legislaturperiode durch das Parlament peitschen.“ Daß der Plan wohl nicht so einfach umzusetzen sein wird, zeigt ein Beispiel aus Hessen. Die Verwaltung der Kleinstadt Büdingen entzog den vier NPD-Stadtverordneten das jährliche Fraktionsgeld. Es geht nur um 310 Euro, doch der Beschluß hätte bundesweit Folgen für Politiker der Partei in kommunalen Vertretungen haben können. 

Die NPD klagte im Eilverfahren dagegen und gewann. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied, daß der Ausschluß von den Zuwendungen unwirksam sei. Der Entzug des Geldes verstoße gegen den „allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes“. Das Kriterium „der erkennbaren Verfassungsfeindlichkeit“ einer Partei sei unzulässig. Daran ändere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Verbotsverfahren nichts.