© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Grüße aus Bozen
De verschtian ober a nix
Martin Feichter

Wer in Südtirol lebt oder urlaubt, hat es täglich mit mehreren Sprachen zu tun. So auch in einem Gasthaus am Bozner Waltherplatz. Es ist noch nicht viel los am Vormittag, und neben dem monotonen Brummen der Kaffeemaschine nimmt man unvermittelt Anteil an den Tischgesprächen der Gäste. 

Während sich in der einen Ecke zwei Italiener lautstark über das anstehende Mailänder Stadtderby Inter gegen Milan unterhalten, dringt aus der anderen Ecke eine Art Kauderwelsch aus Italienisch und Deutsch ins Ohr: das Ladinische. Gut 20.000 Menschen sprechen sie noch, die älteste Sprache des Landes, und wer sich anstrengt, kann sogar das eine oder andere Wort verstehen. Mehr ist aber nicht drin. Leichter können sich da Deutsche und Italiener untereinander verständigen. Inzwischen sind die meisten der anderen Landessprache einigermaßen mächtig.

Angriff auf den muttersprachlichen Unterricht als bewährte Grund-säule der Autonomie.

Ein älterer Herr im blauen Kittel betritt das Gasthaus. Er nimmt seinen Hut ab, grüßt und stellt sich an den Tresen. Dort schlägt er eine heimische Tageszeitung auf und beginnt im urigen Tiroler Dialekt leise vor sich hinzuschimpfen. „De verschtian ober a nix“, murmelt er und schüttelt den Kopf.

Es geht hierzulande mal wieder um Sprache. Und Schule. Neu entfacht hat die Diskussion ein italienischer Senator aus Südtirol, der einen Gesetzesentwurf im römischen Parlament einbrachte. Demnach sollen an deutschen und italienischen Grund- und Mittelschulen eigene Sektionen eingerichtet werden, in denen der Unterricht im gleichen Ausmaß auf deutsch und italienisch stattfindet, sofern dies mindestens 15 Eltern wünschen. 

Damit würden für den Sprachunterricht ab der ersten Klasse Grundschule nicht wie bisher einzelne Wochenstunden verwendet, sondern ganze Fächer in einer anderen Sprache unterrichtet. Geographie auf italienisch, Mathematik auf deutsch und so weiter.

Für Grüne und italienische Linksparteien eine Art Allheilmittel zugunsten einer weitgehend schon gegebenen Mehrsprachigkeit in Südtirol. Für andere ein klarer Angriff auf eine bewährte Grundsäule der Südtirolautonomie, den muttersprachlichen Unterricht, mit fadem geschichtlichen Beigeschmack. Die Älteren haben gar noch die Zeit vor Augen, als im südlichen Teil Tirols alles, was deutsch war, strengsten verboten wurde. Die deutsche Schule inklusive.