© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Tschechische Nationalbank gibt ihre Mindestkurspolitik auf
Der Euro verliert Anhänger
Thorsten Polleit

Am 15. Januar 2015 gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Mindestkurs von 1,20 Franken gegenüber dem Euro auf – und die eidgenössische Währung stieg in der Spitze am 23. Januar auf 0,98. Doch die SNB führt ihre Politik der Frankenschwächung fort. Sie interveniert nach wie vor im Devisenmarkt, kauft Euro und gibt neue Franken aus. Die Furcht ist zu groß, daß eine fortgesetzte Aufwertung des Franken die Schweizer Wirtschaft schädigt. Derzeit muß man 1,07 Franken für einen Euro zahlen.

In einer ganz ähnlichen Lage befinden sich die Tschechen. Ihre Krone, die seit dem 3. Februar 1993, kurz nach der Auflösung der Tschechoslowakei, die offizielle Landeswährung ist, hat sich als Erfolgsmodell erwiesen: Seit Einführung des Euro hat die Krone um 31 Prozent gegenüber der Einheitswährung aufgewertet. Im November 2013 begann die Zentralbank CNB, sich dem Aufwertungsdruck aktiv entgegenzustemmen, indem sie im Devisenmarkt zugunsten des Euro intervenierte. 

Der Wechselkurs wurde bei 27 Kronen pro Euro festgesetzt, um das Land preislich wettbewerbsfähig zu halten. Doch der Plan ging nicht auf. Die guten Wirtschaftszahlen und die desaströse Entwicklung im Euroraum heizten die Spekulation auf eine notwendige Kronen-Aufwertung an. Die CNB mußte daraufhin immer mehr Euro kaufen und sie mit neuen, aus dem Nichts geschaffenen Kronen bezahlen, um den Wechselkurs auf dem gewünschten Niveau zu halten. Am 6. April 2017 gaben die Tschechen ihre Mindestkurspolitik auf, denn diese Politik hätte ansonsten zu einer für die Krone ruinösen Entwicklung geführt: Die Geldmenge hätte immer weiter erhöht werden müssen, und das wäre auf eine teilweise Vernichtung des inneren Währungswertes hinausgelaufen. Die Ankündigung, ihre Interventionen einzustellen, führte bislang jedoch nur zu einer moderaten Kronen-Aufwertung.

Das Signal, das die Tschechen gesendet haben, ist unmißverständlich: Der Euro ist für sie – wie auch für die Schweizer – kein Stabilitätsanker. Sie wollen sich nicht an ihn binden und damit die EZB-Geldpolitik importieren. Zwar ist die Einführung des Euro für die Tschechen zwingend aufgrund ihrer EU-Mitgliedschaft. Jedoch steht es ihnen frei, den Zeitpunkt der Euro-Einführung zu wählen. Es wäre nicht überraschend, wenn die Tschechen damit weiter warten wollen. 

Die Abwertungsfahrt des Euro ist vermutlich noch nicht zu Ende. Sie könnte sich bald auch gegenüber dem Zloty oder dem Forint zeigen, die ebenfalls eine Euro-Anbindung haben. Denn die EZB betreibt mit ihren Null- und Negativzinsen, verbunden mit einer Geldmengenausweitung, eine Entwertungspolitik, um die Euro-Schuldenpyramide vor dem Einsturz zu bewahren. Eine solche Geldpolitik wollen die Staaten, die 1990 dem Sozialismus entkommen sind, sich nicht freiwillig zu eigen machen.