© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Knapp daneben
Attraktiver Arbeitgeber Bundeswehr
Karl Heinzen

Der Ehrgeiz der Bundeswehr war es schon immer, ein Spiegelbild der Gesellschaft zu sein. Wenn es gelänge, Menschen aus allen sozialen Schichten mit ihren höchst unterschiedlichen Einstellungen, Erfahrungen und Bildungshintergründen zu rekrutieren, hebe dies, so der fromme Glaube, auch die Qualität der Streitkräfte.

Was schon zu Zeiten der Wehrpflicht nicht so recht gelingen wollte, ist nun unerreichbar geworden. Wer freiwillig zur Bundeswehr geht, gibt bereits mit seiner Bewerbung preis, daß er anders ist als die überwältigende Mehrheit der Gesellschaft. Er bekennt, daß ihm die Anwendung von Gewalt in bestimmten Situationen als legitim erscheint, freut sich darauf, Waffen endlich einmal real und nicht bloß virtuell im Ballerspiel bedienen zu können und hat offenbar auch keine Scheu vor körperlicher Anstrengung, die andere bestenfalls noch in idiotischen Freizeitvergnügungen suchen.

Wer freiwillig zur Bundeswehr geht, gibt bereits mit seiner Bewerbung preis, daß er anders ist.

Eine Organisation, die aus solchen Leuten besteht, darf sich nicht wundern, wenn die Dinge manchmal aus dem Ruder laufen. Entwürdigende Aufnahmerituale, sexistisches Verhalten, Homophobie und hin und weder ein paar rechtsradikale Sprüche lassen sich nie ganz vermeiden. Um so ermutigender sind Vorfälle, die zeigen, daß die Bundeswehr trotz allem in der Gesellschaft verankert ist. So wurden in der Altmarkkaserne in Letzlingen vor wenigen Tagen bei einer Razzia 130 Gramm Kokain und fünf Gramm Crystal Meth beschlagnahmt. Gegen vier Soldaten wird wegen Drogenhandels ermittelt, einer von ihnen sitzt in Untersuchungshaft. In Letzlingen ist das Gefechtsübungszentrum des Heeres beheimatet. So mancher, der diese gut frequentierte Ausbildungseinrichtung durchlief, könnte froh gewesen sein, am Abend nicht allein dem Alkohol zusprechen zu müssen. Es darf zwar als ausgeschlossen gelten, daß das Drogenangebot zu jenen Maßnahmen zählt, mit denen das Verteidigungsministerium den Arbeitgeber Bundeswehr attraktiver machen möchte. Seiner Intention, den Soldaten Lebensbedingungen zu ermöglichen, die zivilen Standards entsprechen, wird es dennoch gerecht.