© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Rot-Schwarz zieht die Zügel straffer
Österreich: Fremdenrechtspaket der SPÖ/ÖVP-Regierung überrascht die Opposition und verärgert sie zugleich
Verena Inauen

Eine für österreichische Verhältnisse eher ungewöhnliche Meldung schaffte es dieser Tage in die Medien. Die rot-schwarze Koalition brachte eine Einigung in puncto Fremdenrechtspaket zustande. Die Neuerungen in Asylfragen waren monatelang Inhalt heftiger Debatten zwischen den beiden Regierungspartnern SPÖ und ÖVP. Während die Oppositionsparteien aufgrund des angespannten Verhältnisses keine Einigung mehr vor der Sommerpause erwarteten, verkündete ein Sprecher des Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP): „Es freut mich, daß nun auch der Koalitionspartner zur Erkenntnis gelangt ist, daß Anpassungen beim Fremdenrecht notwendig sind, um auf aktuelle Entwicklungen in der Flüchtlingspolitik reagieren zu können.“ 

Als eine „reine Farce“ bezeichneten indes die Freiheitlichen das Änderungspaket: „Jemand, der in Österreich kein Recht auf Aufenthalt hat, ist schnellstmöglich außer Landes zu schaffen. Punkt. Geldstrafen, Ersatz- oder Beugehaft werden keinen einzigen dieser Migranten abschrecken“, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. 

Vor allem sollen kriminelle Asylbewerber nun schneller außer Landes gebracht werden können und die generellen Ausreiseverfahren beschleunigt werden. Auch die Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus sollten mit der Gesetzesänderung beschleunigt werden, wenn ein Zuwanderer für eine Straftat verurteilt wurde, heißt es in dem nun angenommenen Entwurf. Eine weitere Verschärfung brachte das neue Fremdenrechtspaket auch in Sachen Beugehaft. Weigert sich ein Ausreisepflichtiger etwa, Unterschriften für ein Heimreisezertifikat zu leisten, kann er bis zu 18 Monate durchgehend in Abschiebehaft genommen werden. 

Bitte mehr Verantwortung statt immer nur Schlagzeilen  

Die Neufassung beinhaltet zudem eine schärfere Gangart beim Verletzen der Wohnsitzauflage, wogegen sich die SPÖ wochenlang gesträubt hatte. Verläßt ein abgelehnter Asylbewerber das Bundesland, in dem er einen Bleibeantrag gestellt hatte, muß er mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 5.000 Euro rechnen, ersatzweise drei Wochen Haft. 

„Wer mittellos ist und eine Strafe von 1.000 Euro nicht bezahlen kann, kann auch eine doppelt so hohe Strafe nicht bezahlen“, kritisierte dagegen Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen. Was Österreich tatsächlich brauche, seien Asylverfahren, in denen Menschen nicht ein Jahr lang auf ihr erstes Gespräch mit dem Amt warten müßten. 

Statt dessen kündige die Regierung ständig neue Verschärfungspakete an. „Liebe Bundesregierung, bitte schielt nicht ständig auf die nächste Schlagzeile, sondern nehmt endlich eure Verantwortung war“, appelliert Korun.