© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Umwelt
Reuelose Sünder
Tobias Albert

Der „Klimaschutzplan 2050“ der Bundesregierung will durch neue Mobilitätsangebote oder einen „signifikanten Anstieg des Fuß- und Radverkehrs“ das Verkehrssystem „nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff“ machen. Das klingt ambitioniert für eine Autofahrernation mit 45,8 Millionen Pkw – aber nicht für das Umweltbundesamt (UBA). Laut dessen Umfrage zum „Umweltbewußtsein in Deutschland“ können sich angeblich über 70 Prozent der Autofahrer vorstellen, häufiger zu Fuß zu gehen; mehr als 60 Prozent würden auch aufs Fahrrad ausweichen. Und da Verkehrslärm stört, seien 91 Prozent überzeugt, daß eine Städteplanung hin zum Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln ihr Leben bereichern würde.

Umwelt- und Klimaschutz ist für 21 Prozent der Deutschsprachigen enorm wichtig.

Ja, mit geschickter Fragestellung läßt sich manches politisch korrekt hinbiegen, aber schon die Zahlen des Kraftfahrtbundesamts sprechen eine andere Sprache: Im März stiegen die Pkw-Neuzulassungen um 11,4 Prozent verglichen mit dem Vorjahresmonat. Zudem hat die „deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren“ selbst nach der Umweltbewußtseinsstudie ganz andere Sorgen: 55 Prozent halten die Zuwanderung sowie 47 Prozent Kriminalität, Frieden und Sicherheit für die aktuell wichtigsten Probleme. Der Umwelt- und Klimaschutz ist mit 21 Prozent auffallend weniger wichtig. 70 Prozent der Befragten nutzen für ihre Wege im Alltag täglich oder mehrmals in der Woche das Auto – Fahrrad (32 Prozent) oder ÖPNV (21 Prozent) können da nicht mithalten. Auch das im Klimaschutzplan und von Konzernlobbyisten gepriesene sowie gesetzlich geförderte Carsharing (Gemeinschaftsautos) ist nur für 15 bis 26 Prozent (je nach Wohnort) eine Überlegung wert.