© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/17 / 12. Mai 2017

Aufgeschnappt
Grüne Siegelbewahrer
Matthias Bäkermann

Nun ist doch noch einmal alles gutgegangen. An diesem Donnerstag bekommt Dresden nach letzten hektischen Verhandlungen seine heißersehnte „Goldene Hausnummer“ und darf sich künftig „Fairtrade-Town“ nennen. Dabei stand noch vor zwei Wochen alles Spitz auf Knopf. 

Schuld daran war Oberbürgermeister Dirk Hilbert höchstpersönlich. Denn anders als Milch, Zucker oder Tee hatte die Lieblingsmarke des 45jährigen FPD-Politikers nicht das Fairtrade-Siegel, obwohl sein Schälchen Heeßes mit den Bohnen des lokalen Kaffeerösters „Kaffanero“ aufgebrüht wird. Dieses Unternehmen röstet zwar auch fair gehandelte Ware, zudem auch noch von Kaffeebauern, die jetzt auf ihren früheren Opiumplantagen Kaffee anbauen, aber „Kaffanero“ verzichtet – anders als alternative Discounter-Anbieter – auf das teure Siegel der einschlägigen Fair-Trade-Organisationen. Bei den Grünen, die 2016 im Stadtrat die Zertifizierung durchgesetzt hatten, stieß Hilberts Renitenz gegen ihr grünes Prinzip deshalb auf scharfen Protest: „Es ist bedauerlich, daß die Initiative gegenwärtig daran zu scheitern droht, daß sich das OB-Büro dem Thema nur halbherzig annimmt“, mahnte der Grünen-Politiker Michael Schmelich gegenüber der Dresdner Morgenpost noch Ende April gouvernantenhaft.