© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/17 / 19. Mai 2017

Bundeswehr in der Türkei
Der Erpreßbarkeit entfliehen
Marc Zoellner

Selten zeigt sich der Bundestag derart geschlossen wie beim neuen Skandal um den verweigerten Besuch einer Delegation des Verteidigungsausschusses auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt von Inçirlik. Daß deutsche Abgeordnete ihre eigenen Soldaten auf eigentlich verbündetem Boden nicht besuchen dürfen, ist ein Affront. Immerhin definiert sich die Bundeswehr als Parlamentsarmee – und da muß dem Bundestag auch die Kontrolle über die Einsätze uneingeschränkt gestattet werden.

Doch nicht umsonst kommentiert auch das Bundeswehr-Journal: „Wollte es die deutsche Seite darauf ankommen lassen?“ Denn die Ankündigung des Truppenbesuchs per Pressemitteilung – ohne vorherigen Bescheid an die türkische Regierung – ist auf bilateraler Ebene ebenfalls unangemessen. Auch die deutschen Parteien befinden sich im Wahlkampfmodus.

Fest steht: Mittelfristig sollte sich Deutschland nach Ausweichländern für den Bundeswehreinsatz umschauen, möchte es sich nicht länger von der Türkei erpreßbar zeigen. Zypern und Jordanien sind immerhin bereits im Gespräch. Und deutsche Soldaten – gerade jene im Dienst an der Waffe gegen eine radikalislamische Terrorgruppe, die auch in Deutschland bereits Menschen ermordet hat – sollten keinesfalls zum Spielball türkischer Politinteressen degradiert werden.