© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/17 / 19. Mai 2017

„Jetzt machen wir euch fertig“
Gewaltkriminalität: Im beschaulichen Naumburg bedrohte ein syrischer Clan mehrfach Polizisten
Felix Krautkrämer

Die offizielle Mitteilung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd endete harmlos: „Nach einiger Zeit verließ man dann das Polizeigebäude.“ Doch was sich zuvor in dem Revierkommissariat Naumburg sowie in der Stadt abspielte, war alles andere als harmlos. Vor allem der Umstand, daß „man“ ganz ungehindert wieder aus dem Revier spazieren konnte, sorgte deutschlandweit für ungläubiges Kopfschütteln. Denn „man“ ist genauer gesagt ein Syrer-Clan, der zuvor auf dem Kommissariat randaliert und die Polizei massiv bedroht hatte. 

Ausgang war die Beschlagnahmung des Führerscheins des 21 Jahre alten Syrers Achmed A., der bereits wegen einer Vielzahl an Delikten polizeibekannt ist und zu einer Großfamilie gehört, die mehrere Bars in der Stadt betreibt. In einer von ihnen war es am vorvergangenen Wochenende zu einer Sachbeschädigung gekommen, weshalb die Polizei gerufen wurde. 

Als die Beamten den Syrer kontrollieren wollten, konnte er sich nicht ausweisen. Deswegen gab er den Polizisten seinen Führerschein. Bei der Kontrolle bemerkten diese, daß die Fahrerlaubnis des Syrers rechtskräftig entzogen worden war und ein Bescheid zur Einziehung des Führerscheins durch das Straßenverkehrsamt vorlag. Also behielten sie ihn. Das aber wollte der Syrer nicht akzeptieren und forderte aggressiv die Rückgabe seiner Fahrerlaubnis. 

Als die Beamten das verweigerten, rief Achmed A. zehn bis 15 Freunde, die in der Nähe standen. Das zeigte offenbar Wirkung. „Um eine weitere Eskalation zu verhindern, entfernten sich die handelnden Beamten vom Ort“, heißt es in der Polizeimeldung. 

„Dabei trat der Tatverdächtige gegen den Streifenwagen und beschädigte diesen.“ Trotzdem blieb die Tat ohne Folgen. Doch damit war der Fall noch nicht zu Ende. Kurze Zeit später erschien Achmed A. mit seiner Truppe vor dem Revierkommissariat Naumburg und forderte erneut die Herausgabe seines Führerscheines. Was dann geschah, liest sich in der offiziellen Polizeimeldung wie folgt: Es sei „zu weiteren Sachbeschädigungen und Gewaltandrohungen gegenüber anwesenden Polizeibeamten“ gekommen, bevor der Syrer-Clan wieder abzog. 

Auf Rückfrage der JUNGEN FREIHEIT, warum keiner der Beteiligten verhaftet wurde, sagte eine Sprecherin der Polizei, es habe „keine ausreichenden Gründe für eine Gewahrsamnahme oder Festnahme“ gegeben. Gegen die Verdächtigen werde nun wegen Bedrohung und Sachbeschädigung ermittelt. Außerdem prüfe man, „ob möglicherweise ein Landfriedensbruch vorliegt“. Nachdem die JF über den Fall berichtet hatte, wurde unserer Zeitung die interne Polizeimeldung zu dem Vorgang zugespielt. Und diese liest sich etwas anders. 

„Seine Frau laß ich ficken, ich zerstöre sein Leben“

Demnach trat einer der Syrer zweimal gegen die Gittertür des Revierkommissariats, wodurch diese beschädigt wurde. Achmed A. ging unterdessen zum Besuchereingang, forderte über die Gegensprechanlage weiterhin seinen Führerschein und drohte den Polizisten sowie deren Familien. Die Polizei nahm die Drohung ernst: „Aufgrund der polizeilichen Erfahrungen mit dem TV 01 (Tatverdächtigen) und dessen Familie ist von einer Ernsthaftigkeit der getätigten Äußerungen auszugehen.“ 

Nicht ohne Grund, denn erst Anfang April war es in Naumburg zu einer Auseinandersetzung zwischen Syrern und der Polizei gekommen. Als die Beamten einen 21jährigen aufgrund eines gerichtlich angeordneten Vorführungsbefehls abholen wollten, wurden sie in einer Shisha-Bar attackiert. Dabei schlug der 46 Jahre alte Vater des Syrers einem Polizisten gegen den Kopf und verletzte diesen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Und auch vor zwei Wochen zeigte sich Achmed A. laut Polizeiprotokoll gegenüber den Beamten aggressiv. Wörtlich drohte er: „Wenn ich  meinen Führerschein nicht wiederbekomme, kann hier keiner mehr nachts ruhig schlafen. Sperrt mich doch ein, ich habe nichts zu verlieren. Ich jage jedem einzelnen von euch Bullen eine Kugel in den Kopf. Euch treffe ich privat! Ich mache euch das Leben zur Hölle. Dann bin ich eben der Cop-Killer. Ich hole alle meine Leute zusammen. Ihr habt mein Leben gefickt, jetzt machen wir euch fertig.“ 

Dann deutete er auf einen weiteren Beamten und sagte: „Euch alle mache ich fertig. Ich merke mir eure Gesichter. Der Kollege, welcher mir meinen Führerschein genommen hat und mir über den Fuß gefahren ist, bekommt eine Kugel. Ich zerstöre sein Leben. Ich weiß ganz genau, wo er wohnt. Seine Frau laß ich ficken, jeden Tag von meinen Leuten. Der wird in seinem Leben nicht mehr froh. Die Tochter schicke ich auf den Strich anschaffen. Ich kill den! Ich nehme eine Kugel und knall den ab.“ 

Gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung bestritt der 21jährige später die Drohungen. „Es gab sicher ein paar unschöne Worte, für die ich mich auch persönlich entschuldigt habe. Aber so was habe ich nicht gesagt.“ Überhaupt werde er häufig von der Polizei schikaniert. „Schon jetzt werden ich und auch Freunde und Verwandte fast jeden Tag kontrolliert“, klagte Achmed A. 

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) wies die Anschuldigung jedoch zurück. In Naumburg habe sich eine Parallelgesellschaft gebildet, in der es zu „Straftaten von erheblichem Umfang und Integrationsverweigerung“ komme, „gepaart mit Testosteron“, kritisierte der christdemokratische Politiker. Nun beschäftigt der Fall weiter die Behörden. Es wird geprüft, ob aufenthaltsrechtliche Konsequenzen für Achmed A möglich sind. Doch nicht nur die Syrer sind im Visier der Ermittler. 

Nach Informationen der jungen freiheit wird in diesem Zusammenhang auch untersucht, wer den polizeiinternen Bericht an die Medien weitergegeben hat.