© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

Grüße aus Bozen
Ohnmächtige Polizei
Martin Feichter

Es ist kurz vor acht Uhr. Vor dem Bahnhof in Bozen ist schon einiges los. Menschen strömen dicht gedrängt durch die Bahnhofstraße, eine gepflasterte Allee die auf schnellstem Weg vom Hauptbahnhof zum Waltherplatz führt, um zu ihren Arbeitsplätzen und oder in ihre Schulen zu gelangen. Links und rechts neben der Straße liegt der Bahnhofspark. Eine grüne Wiese mit einigen schattenspendenden Bäumen und Sitzbänken. Die Landeshauptstadt Südtirols besitzt viele Plätze zum Wohlfühlen – doch der Bahnhofspark zählt nicht mehr dazu. Wo zu Stoßzeiten noch reger Durchzugsverkehr herrscht, zeigt sich spätestens am Abend ein anderes Bild: illegale Migranten, Asylwerber, Drogensüchtige und Obdachlose beanspruchen den Parco Stazione für sich.

Trotz Schattens kommt es hier immer wieder zu hitzigen Debatten. Nun kam es am Platz vor dem Südtiroler Landtag, nur einen Steinwurf vom Bahnhofspark entfernt, sogar zu einer Massenschlägerei. Mehr als ein Dutzend Afrikaner droschen dort aufeinander ein – unter anderem mit abgebrochenen Flaschen und Gürteln. Die Folge: Zwei Polizisten wurden verletzt, die Schläger nur einen Tag später wieder auf freien Fuß gesetzt.

Frauen sollen den Männergruppen gegenüber zumindest selbstbewußt auftreten.

Neben Gewaltexzessen und Drogendelikten gerieten jüngst auch andere Vorfälle in die Schlagzeilen. Schülerinnen berichteten von Übergriffen am Bahnhofsareal. Von Grapschen bis Verfolgung soll alles dabeigewesen sein. Ein Polizeihauptmeister schüttete darauf im Lokalrundfunk sein Herz aus. Ohne Umschweife erklärte er, daß die Polizei das Problemviertel rund um den Bozner Bahnhof nicht ständig bewachen könne. Dafür gebe es nun einmal leider nicht genügend Personal. Mädchen und Frauen sollten stattdessen lieber die Zone meiden oder gegenüber den Männergruppen zumindest sicher und selbstbewußt auftreten. Eine Verhaltensempfehlung, die an den Armlänge-Abstand-Ratschlag von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker erinnert.

Bozens Polizeipräsidium wies die Aussagen des Hauptmeisters wenig später zurück. Hierbei habe es sich um eine persönliche Meinung gehandelt, die nicht der realen Situation entspreche, hieß es. Außerdem sei das Areal rund um den Bozner Hauptbahnhof eines der bestüberwachten der Stadt. Uns Bozner kümmert diese Schönfärberei wenig. Dem Bahnhofspark werden wir weiterhin fernbleiben, so gut es eben geht – und uns unseren Teil denken.