© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

Heimat ist die Sprache
Jahrbuch der Deutschen in Polen ist auch ein Appell
Paul Leonhard

Das aktuelle „Jahrbuch der Deutschen in Polen“ enthält schon im Vorwort einen Warnruf: Man solle „den Deutschen in Polen ein Zeugnis des Wertes der Demokratie, der Menschenwürde, der Minderheitenrechte, des gemeinsamen Europas und des Lebens im Frieden geben“, schreibt Bernhard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) mit mehr als 350.000 Mitgliedern: „Wir müssen für unsere Gemeinschaft, Sprache und Kultur in den Regionen, in denen wir leben, arbeiten.“ Die Deutschen in Polen dürften zwei Wahrheiten nicht vergessen: „Heimat ist eigentlich die Sprache“ und daß „ein Volk, das seine eigene Geschichte vergißt, aufhört, zu existieren“. Der Weg über die Sprache sei der sicherste, „um unsere Heimat hier in Schlesien, Pommern oder dem ehemaligen Ostpreußen zu bewahren“.

Ein Appell, der sich wie ein roter Faden durch den Band zieht. Zum Schluß wird der 80jährige Bruno Kosak, früherer Abgeordneter der deutschen Minderheit im polnischen Sejm, zitiert, der anläßlich seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz resigniert feststellt, daß es der deutschen Volksgruppe „ganz einfach an Stolz auf die schlesische Heimat und die Generationen von Vorfahren, die das Land geprägt und so viel zur Schatzkammer der nationalen wie europäischen Geistesgeschichte (in Wissenschaft, Kunst, Literatur, Technik) beigetragen haben“, fehlt.

Neben Gedichten und Liedtexten enthält das Jahrbuch interessante Beiträge wie über Bethäuser, Friedens- und Gnadenkirche als heute noch sichtbare Zeichen der Reformation in Schlesien. Es wird an den Oberschlesier Carl Stangen erinnert, der vor 150 Jahren das erste internationale Reisebüro gründete und noch vor Thomas Cook begann, den Vorderen Osten für die Briten touristisch zu erschließen. Ein anderer Beitrag beschäftigt sich mit der Wasserheilkunde am Beispiel von Siegmund Hahn und seinen Nachkommen. Lesenswert auch der Artikel über die Refomation und die Anfänge des Herzogtums Preußen, der an den letzten Hochmeister des Deutschordensstaates, Albrecht von Hohenzollern erinnert, der auf Luthers Rat hin den Ordensstaat säkularisierte und im weltlichen Herzogtum Preußen die Reformation einführte.

Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG): Jahrbuch der Deutschen in Polen 2017, Oppeln 2017, broschiert, 196 Seiten, kostenlos unter VdG, Krupnicza Straße 15, Oppeln