© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/17 / 02. Juni 2017

Lesereinspruch

Antiquiertes Bild

Zu: „Zeitgenössisches bizarr altmodisch“ von Sebastian Hennig (JF 21/17)

Wenn hier etwas altmodisch erscheint, so die Betrachtung Ihres Kritikers. Dessen Wischiwaschi-Text zur Biennale Venedig und „documenta“ (Kassel) operiert mit einem antiquierten Kunstbegriff. Malerei ist schon seit dreißig Jahren kein zentraler Gegenstand dieser Ausstellungen. Ebensowenig sind beide Schauen seither ein vermeintliches Sieb für die Weltkunst. Geradezu grotesk ist es, den Kuratoren „Feigheit, Unkenntnis und Desinteresse“ zu unterstellen. Diese Behauptung zeigt nur die Unkenntnis des Autors. Tatsächlich sind die Kuratoren exzellente Szenekenner und Global Player mit enormem Mut zum Subjektivismus. Auch redet Hennig einem unterschwelligen Revisionismus das Wort, welcher der Kunst im DDR-System mehr Freiheit zugesteht, als es je gegeben hat. Absurd wird es, wo Hennig die Einschränkungen für Künstler im Westen mit denen in der DDR vergleicht. Vielleicht sollte Ihr Autor als Lockerungsübung Bücher des Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich lesen: „Tiefer hängen. Über den Umgang mit der Kunst“, „Was war Kunst? Biographien eines Begriffs“ oder „Gesucht: Kunst! Phantombild eines Jokers“.

Maik Hundt, Kassel