© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/17 / 02. Juni 2017

Griechenland muß etwas länger auf neue Euro-Kredite warten
Alles nur Theater
Bruno Hollnagel

Das altbekannte Theaterstück wird neu aufgeführt. Die Rollen samt Intendanz sind gleich besetzt. Was kann der zahlende Zuschauer erwarten? Wolfgang Schäuble mimt den Hardliner. Der Bundesfinanzminister wird aber erneut klein beigeben – und die Bürger bezahlen lassen. Der CDU-Politiker versprach einmal, die „Rettung“ Griechenlands würde uns keinen Cent kosten. Formal ging bislang kein deutscher Steuer-Cent verloren, aber die „Sicherheiten“ für Hilfskredite sinken, und wenn sie tatsächlich zurückgezahlt werden sollten, so haben die Kreditgeber erheblich an Kaufkraft verloren.

Vor der Bundestagswahl darf das nicht ruchbar werden, denn die Bürger könnten die Regierung abstrafen. Also muß die Verschleierungstaktik her: Griechenland mache wirtschaftliche Fortschritte, Sparprogramme seien beschlossen. Schäuble wird letztlich den Sirenenklängen der EU-Südstaaten nach solidarischem Beistand erliegen und um des lieben Friedens willen bezahlen – wie immer. Dabei wird geflissentlich vergessen, daß die Griechen weniger Steuern zahlen und ihr mittleres Vermögen pro Kopf – dank weitverbreiteten Immobilienbesitzes – laut einer EZB-Studie mit etwa 100.000 Euro fast doppelt so hoch ist wie das der Deutschen. Aber Deutschland ist doch der eigentliche Nutznießer der EU. Ist da nicht ein finanzieller Beitrag gerechtfertigt?

Die deutschen Arbeitnehmer sind gewiß keine Nutznießer des Systems. Ihr Lohneinkommen ist in Kaufkraft gerechnet und nach Steuern seit der Euro-Einführung praktisch kaum gestiegen – ganz im Gegensatz zu den Einkommen der Griechen, Franzosen, Italiener oder Spanier. Die Schäuble-Wähler vergessen zudem die No-bailout-Klausel und die Tatsache, daß das Verursacherprinzip zum Ordnungsrahmen der Marktwirtschaft gehört, der unseren Wohlstand ermöglichte. Im Jahr 2010 hätte ein Neuanfang Griechenlands 60 Milliarden Euro gekostet. In der Zwischenzeit ist ein Vielfaches nach Athen und zu dessen Gläubigern geflossen.