© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

CD-Kritik: Johannes Brahms –Gerhaher, Walser
Wortmusik
Jens Knorr

Die „Romanzen aus L. Tieck’s Magelone“ op. 33 von Johannes Brahms sind ein störrisches Werk. Zwar redete Brahms den Zusammenhang seiner lyrischen Stimmungsbilder mit Ludwig Tiecks „Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence“ klein, doch erscheinen die Lieder aus der Erzählung herausgerissen ebenso unverständlich wie die in die Erzählung eingewobenen Gedichte ohne ihre Vertonungen ärmlich. Christian Gerhaher hat die originalen Texte als sprachlich zu altmodisch empfunden, Martin Walser hat sie ihm neu gefaßt, komprimiert und die von Brahms nicht vertonten Gedichte in die Erzählung eingefügt.

Und wie sie erzählen! Gerhaher, ein Erzähler unter den Liedsängern, Walser, ein Melodiker unter den Sprechern, haben 2011 zusammengefunden, die Aufnahme entstand 2014. Walsers Texte haben, so Gerhaher, „diesen ironisierenden Ton, als ob er über etwas lächle“, ganz sicher über die kruden Wendungen, die Ludwig Tieck seine Ritter-Phantasie aus zweiter Hand hat nehmen lassen. Walsers leicht dialektal eingefärbte Lesung und Gerhahers kunstvoll absichtsloses Singen haben die Ernsthaftigkeit und das Als-Ob kindlicher Ritterspiele, die selbstverständlich immer irgendwie gut ausgehen. Müssen!

Wort und Musik ziehen sich gegenseitig hinan und werden beide hinangezogen.

Johannes Brahms Die schöne Magelone Sony Classical 2017  www.sonyclassical.de  www.gerhaher.de