© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

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Streit ums Kuppel-Kreuz setzt sich fort

BERLIN. In Berlin reißt die Debatte um die Rekonstruktion des Stadtschlosses nicht ab. Streitpunkt ist das Kreuz, das die Kuppel krönen soll. Der Humanistische Verband Deutschlands hat jetzt vorgeschlagen, anstatt des Kreuzes ein Mikroskop auf die Kuppel zu setzen. „Ein Mikroskop würde nicht nur die Werte der Aufklärung und den Wissensdrang der Namensgeber Alexander und Wilhelm von Humboldt spiegeln, sondern auch den Anspruch, die ausgestellten Sammlungen kultursensibel und geschichtsbewußt noch einmal unter die Lupe zu nehmen“, erklärte die Vorsitzende des Landesverbandes Berlin-Brandenburg, Katrin Raczynski. Außerdem entspräche diese Lösung dem staatlichen Neutralitätsgebot. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, schlug hingegen vor, die Kuppel mit einem Symbol zu krönen, das das christliche Kreuz, den islamischen Halbmond und den jüdischen Davidstern vereine. Linke und Grüne hatten bereits zuvor erklärt, sie lehnten ein Kreuz auf der Kuppel ab, weil es das geplante Humboldtforum, das im Schloß entstehen soll, auf eine Religion reduziere. Der Mit-Intendant des Berliner Humboldtforums, der Kunsthistoriker Horst Bredekamp, hat hingegen das geplante Kreuz gegen Kritik in Schutz genommen. „Das Kreuz ist natürlich ein christliches Zeichen. Aber es symbolisiert ein Verständnis von Christentum, ein Bündnis zwischen Thron und Altar, das vergangen ist“, sagte er der Welt am Sonntag. Als Motiv für die Proteste vermutet er die Säkularisierung der Gesellschaft: „Berlin ist statistisch die religionsfernste Gemeinschaft auf der Welt. Hier sind etwa 80 Prozent der Menschen nicht religiös gebunden. Im Rest der Welt sind 80 Prozent religiös.“ Der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), hält den Streit um das Kreuz für einfach nur ärgerlich: „Da haben einige Diskussionsteilnehmer offensichtlich ihren Ärger über den Abriß des Palastes der Republik noch nicht überwunden, folgen antireligiösen und wohl auch antipreußischen Ressentiments und schieben einen Begriff von Toleranz vor, der jedes Verständnis für die gesellschaftliche Entwicklung in Europa und Deutschland vermissen läßt“, schrieb er in dem Boulevardblatt B.Z.. Das Berliner Stadtschloß war 1950 auf Befehl von Walter Ulbricht gesprengt worden. Der Wiederaufbau wird voraussichtlich 2019 abgeschlossen sein. Im sogenannten Humboldt-forum soll ein Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung entstehen. (idea/JF)





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