© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/17 / 16. Juni 2017

„Das versteht kein Mensch“
Innenministerkonferenz: Die Ressortchefs beraten in Dresden über eine härtere Gangart gegen Terroristen und die sogenannte „Reichsbürger“-Bewegung
Christian Schreiber

Er will die Zügel straffer anziehen, kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bereits am Beginn der Tagung mit seinen Ressortkollegen aus den Ländern an. Mehr bundeseinheitliche Regeln bei der Terrorismusbekämpfung, das ist das Hauptanliegen des CDU-Politikers: „Es darf in Deutschland nicht zwei Zonen unterschiedlicher Sicherheit geben.“ Es brauche verbindliche Absprachen und eine Vernetzung der Computersysteme der Sicherheitsbehörden. 

Der bayerische Ressortchef Joachim Herrmann (CSU) brachte  erneut die bundesweite Einführung der Schleierfahndung ins Spiel. Ihn ärgere, daß immer noch drei Bundesländer keine verdachtsunabhängige Kontrolle zuließen. Bei der Schleierfahndung kann die Polizei Personen auch ohne konkreten Verdacht kontrollieren. 

Der rheinland-pfälzische SPD-Innenminister Roger Lewentz unterstützte derweil die Forderung von de Maizière, den Sicherheitsbehörden zur Terrorbekämpfung Zugriff auf Messenger-Dienste wie Whatsapp zu erlauben. Den Vorschlag des Bundesministers nannte er vernünftig. Es gehe nicht darum, die Dienste bei jedem mitlesen zu lassen. Das sei „Phantasie der Linken und Grünen“. Nötig seien aber gleiche Regelungen für das Internet. „WhatsApp wird rechtlich anders behandelt als eine SMS, das versteht kein Mensch“, hatte de Maizière zuvor beklagt.

Boris Pistorius aus Niedersachsen – der frisch gekürte „Law-and-Order-Mann im Team von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz – schlug zur Abwehr von Cyberangriffen gemeinsame Katastrophenschutzübungen von Bund und Ländern vor. „Hackerangriffe auf lebenswichtige Systeme der Gesellschaft sind keine Fiktion, sondern längst Realität“, sagte Pistorius: „Es ist notwendig, sich auf solche Vorfälle intensiver vorzubereiten.“ Bei der Konferenz wurden auch Maßnahmen beraten, mit denen Mehrfachidentitäten von Flüchtlingen aufgedeckt werden können. „Die bisherigen Möglichkeiten zur Abgleichung sollen ausgeweitet werden, um zu verhindern, daß ein und dieselbe Person sich an mehreren Orten meldet oder dort registriert wird“, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Markus Ulbig aus Sachsen, am Rande der Tagung in Dresden. 

Bayern setzte sich zudem dafür ein, den geltenden Abschiebestopp für Iraker zumindest bei Straftätern und Gefährdern aufzuheben. Seit der letzten Bestätigung des Abschiebestopps 2007 habe sich die Situation dort „deutlich verändert“, erklärte Minister Herrmann.  Sein Vorschlag, auch Kinder im islamistischen Umfeld vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, stieß allerdings auf Kritik von seiten der SPD: „So was ist nur schwer darstellbar“, kritisiert sein rheinland-pfälzischer Kollege Roger Lewentz.  

Einig waren sich die Beteiligten beim Vorgehen gegen die sogenannte Reichsbürger-Bewegung. Die Innenministerkonferenz sei „der Auffassung, daß Angehörige dieser Szene grundsätzlich nicht die erforderliche Zuverlässigkeit“ zum Besitz einer Waffe (etwa als Sportschütze oder Jäger) besäßen. Der Kreis der sogenannten Reichsbürger soll künftig komplett entwaffnet werden. Sobald eine notwendige „Tiefenprüfung“ Zweifel an der Zuverlässigkeit ergebe, sei eine solche Entwaffnung auch rechtlich „eine saubere Sache“, war sich Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sicher. Zudem sollen Anhänger der in Teilen als rechtsextrem eingestuften Bewegung nicht mehr Beamte und Staatsbedienstete werden dürfen.