© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/17 / 23. Juni 2017

Haßerfüllte Rhetorik beenden
USA: Der Mordanschlag auf Republikaner zeigt die Risse in der amerikanischen Gesellschaft
Thorsten Brückner

Mittlerweile ist er über den Berg. Nach drei Operationen vermeldeten die Ärzte am Sonntag, daß sein Zustand nicht mehr kritisch sei. Die Nummer drei der Republikaner im Repräsentantenhaus, Steve Scalise, wird überleben.

Es war ein gezieltes Attentat auf Republikaner. Der Schütze: ein 66 Jahre alter ehemaliger Wahlkampfhelfer des ehemaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders. Rund 50 Schüsse feuerte James Hodgkinson aus seinem Gewehr auf die Abgeordneten und deren Helfer, die für das traditionelle Baseballspiel des Kongresses „Republikaner gegen Demokraten“ trainierten. Der Täter trug eine Todesliste bei sich mit den Namen prominenter Republikaner. In sozialen Netzwerken hatte er zuvor gegen Donald Trump und Konservative gehetzt. Neben Scalise wurden vier weitere Personen verletzt. Senator Rand Paul äußerte wenige Stunden nach der Tat die Befürchtung, daß es ohne die Kapitolpolizei zu einem Massaker gekommen wäre.  Scalise genoß Polizeischutz. Die beiden Polizisten, die ihn bewachten, erwiderten das Feuer. Bei dem Schußwechel wurde der Täter schwer verwundet und verstarb kurz darauf.

Demokraten und Republikaner bewerteten die Bluttat unterschiedlich. „Negative, haßerfüllte politische Rhetorik kann zu Gewalt führen und sie muß aufhören“, sagte Senator Jeff Flake aus Arizona, der auch bei dem Training anwesend war. Weiter ging der republikanische Abgeordnete Jack Bergman. Auf die Frage, ob die Medien eine Schuld an der Radikalisierung trügen, antwortete er: „Ich denke, daß sich die Medien zum Komplizen machen, wenn sie weiter aufwiegeln statt zu informieren.“ Damit könnte er Journalisten wie die MSNBC-Moderatorin Joy Ann Reid gemeint haben. Während Scalises Zustand am Samstag unverändert kritisch war, wünschte sie dem „Whip“ nicht etwa gute Besserung. Vielmehr wies sie ihre Zuschauer darauf hin, Scalise habe eine problematische Vergangenheit in moralisch heiklen Fragen. Als Beispiel führte sie seine Unterstützung für ein nationales Verbot der Homo-Ehe an. CBS-Moderator Scott Pelley warf Scalise vor, er habe es sich selbst zuzuschreiben, da er mit dazu beigetragen habe, die Nation in den Abgrund einer gewalterfüllten Rhetorik zu führen.

Manche Demokraten versuchten den Vorfall für ihre Forderung nach einer Verschärfung des Waffenrechts zu nutzen.Virginias Gouverneur Terry McAuliffe sagte am Ort des Angriffs: „Es gibt einfach zu viele Waffen auf den Straßen.“ Auch der Abgeordnete Jim McGovern forderte als Konsequenz eine „ehrliche Debatte über das Waffenrecht“. Das Baseballspiel der beiden Kongreßfraktionen fand am Samstag im übrigen trotz des Anschlags statt. David Baley, einer der beiden verwundeten Polizisten, warf den ersten Ball. Es gewannen die Demokraten.