© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/17 / 23. Juni 2017

Wir sind mehr als Datenobjekte
Transhumanismus: Wissenschaftler warnen vor dem Drang zu menschlicher Selbstoptimierung
Richard Stoltz

Ein neues Schreckwort ist geboren: der „Transhumanismus“. Sechs Professoren aus verschiedenen Disziplinen, lehrend in Wien, Oxford, Oslo und London, haben jetzt in der Neuen Zürcher Zeitung ein flammendes Manifest veröffentlicht, in dem sie dringlichst vor der Ausbreitung dieses Transhumanismus warnen. Die schlimmsten Verhängnisse werden an die Wand gemalt, am Ende der Untergang der Menschheit selbst und das Ende aller Dinge.

Mit Transhumanismus ist die menschliche Selbstoptimierung mit Hilfe technologischer Verfahren gemeint. Im Visier der Manifestanten steht die sogenannte Künstliche Intelligenz, wie sie Big-Data-Computer und Algorithmenzähler schon seit längerem produzieren. Sie können zwar nur in simplen Quantitäten „denken“, kennen lediglich den Unterschied zwischen Minderheit und Mehrheit, doch die leichte Verwertbarkeit ihrer Berechnungen fördert in vieler Hinsicht das ökonomische und das politische Geschäft und findet deshalb viele Fürsprecher.

Insofern ist die professorale Warnung aus Zürich nur allzu berechtigt. Exklusives Denken in quantitativen Dimensionen schädigt das Zusammenleben der Völker und Staaten tatsächlich  in bedrohlichem Ausmaß. Vernunft ist eben mehr als schlichte Zusammenzählung von Daten, und wer das ignoriert, verwandelt die Welt à la longue in ein – mag sein, streng und „gerecht“ geführtes – Irrenhaus.

Weshalb aber überhaupt Transhumanismus? In der übrigen, transmenschlichen Natur kommt der Drang zum bloßen Quantifizieren und stumpfsinnigen Datenzählen nicht vor, er ist – ob man es gern hört oder nicht – leider nur allzu menschlich, kitzelte von Anfang an einen im Menschen angelegten Trieb zur Selbstzerstörung hervor.

Wahrer Humanismus war sich dessen auch immer bewußt. Es galt immer, den „inneren Schweinehund“ zu bekämpfen, statt ihn lediglich zu benennen. Worte mögen gut sein, gute Taten sind besser.