© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/17 / 30. Juni 2017

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Lieber unter sich bleiben
Paul Rosen

Was war das in Bonn noch schön! Journalisten und Lobbyisten kamen ohne Probleme in alle Bundestagsgebäude. Im damaligen Bundesratsgebäude gab es eine große Kantine, die auch externe Gästen mit Hausausweis problemlos erreichten. Und über den „Eingang IV“ führte der Weg zum „Ossi“, einer nach dem Barkeeper benannten Bierbar unter dem „Ersatzplenarsaal altes Wasserwerk“, wo man vertrauliche Gespräche mit Abgeordneten führen konnte. Die waren dort meist zahlreicher und häufiger anzutreffen als eine Etage höher im Plenarsaal. Natürlich war zum Betreten der Gebäude ein Hausausweis erforderlich, der  jeweils für ein Kalenderjahr von der Bundestagsverwaltung ausgestellt wurde. Die Kontrollen waren locker, manchmal fielen sie ganz aus.  

In Berlin ist alles anders, aber nicht unbedingt besser geworden. Der Bundestag hatte die Akkreditierung für Journalisten mit der der Bundesregierung zusammengelegt. Dafür galten die Ausweise für eine Legislaturperiode. Das soll jetzt anders werden. Die Bundestagsverwaltung kehrt zur Bonner Regelung zurück und gibt die Ausweise an die Medien in Eigenregie und wieder jährlich aus. Nicht nur das. Journalisten dürfen in Zukunft nicht mehr alle Eingänge benutzen, sondern nur noch solche Eingänge, die mit einer „Röntgenstrecke“ ausgestattet sind. Dort müssen sie sich wie alle anderen Besucher einer Sicherheitsüberprüfung wie am Flughafen unterziehen. „In der tagesaktuellen Arbeit, wenn beispielsweise kurzfristig zu einem Statement geladen wird, sind diese Zugangsbeschränkungen absolut absurd“, kritisierte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, im Tagesspiegel. Auch die Bundespressekonferenz, der Zusammenschluß der Parlamentsberichterstatter, beschwerte sich. 

In der Tat haben sich Parlament und Ministerien im Laufe der letzten Jahre aus Sicherheitsgründen immer weiter abgeschottet. Es gibt zwar eine Kneipe für Abgeordnete, aber die ist in der „Parlamentarischen Gesellschaft“ und damit für Journalisten so gut wie unerreichbar. Die Mandatsträger bleiben lieber unter sich. 

In Bonn war es problemlos möglich, gegenüber des Bundestagseingangs IV ein Auto zu parken. In der ersten Zeit nach dem Umzug konnte der Friedrich-Ebert-Platz zwischen Reichstagsgebäude und Jakob-Kaiser-Haus noch von privaten Fahrzeugen angefahren werden. 

Heute ist das ausgeschlossen. Der Friedrich-Ebert-Platz ist abgeriegelt. Nur noch Dienstfahrzeuge werden durchgelassen. Für die Kontrolle der Zufahrten ist die Berliner Landespolizei zuständig. Die Polizei des Bundestages, die rechtlich eigenständig ist und mit Bundes- oder Landespolizei nichts zu tun hat, ist nur für die Sicherheit in den Bundestagsgebäuden zuständig; an den Außentüren beginnt die Zuständigkeit der Berliner Polizei. Eine Gruppe von Journalisten hat es künftig besonders schwer: Viele Mitarbeiter des ARD-Hauptstadtstudios genossen in der Bundestagskantine regelmäßig das Essen zu subventionierten Preisen. Jetzt dürfte es mittags lange Schlangen von ARD-Mitarbeitern vor dem Eingang an der Wilhelmstraße geben.