© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/17 / 30. Juni 2017

US-Justiz jagt verdächtige VW-Manager per Interpol
Erzwungene Heimattreue
Thomas Fasbender

Wer in und mit den USA Geschäfte macht, gibt sich besser keinen Illusionen hin. Im Zweifel gelten die amerikanischen Gesetze weltweit, und wenn es um ausländische Konkurrenz geht, werden sie streng ausgelegt. Das gilt auch für die angeblich politisch motivierten Sanktionen gegen Drittstaaten. Bei Fehlverhalten haftet nicht nur das US-Geschäft der betroffenen Firma. Auch die Mitarbeiter inkriminierter Unternehmen müssen damit rechnen, in den USA persönlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Derzeit betrifft das fünf Ex-VW-Manager, darunter Heinz-Jakob Neußer, Markenvorstand von 2013 bis 2015 und Leiter der Entwicklungsabteilung.

Der Sechste im Bunde sitzt schon seit Januar in Michigan in Untersuchungshaft. Ob Oliver Schmidt seine Heimat jemals wiedersehen wird? Ihm drohen 169 Jahre Gefängnis (JF 4/17). Die Dummheit, im Urlaub einen Zwischenstopp in Miami einzulegen, werden sich die Kollegen nicht leisten. Daran ändern auch die Ermittlungen der deutschen Staatsanwälte gegen diese Gruppe und über 30 „Dieselgate“-Involvierte nichts. Gut möglich, daß die fünf zeitlebens nur noch in ihrer deutschen Heimat – oder in Rußland oder Nordkorea – vor dem langen US-Arm sicher sind. Vielleicht noch. Auch wenn die Entscheidung, einen von Interpol gesuchten Ausländer in Haft zu nehmen oder nicht, der Souveränität des jeweiligen Aufenthaltslands unterliegt – wer wird nein sagen, wenn die Weltmacht USA hinter dem Gesuch steht? Washington verfügt über ein beeindruckendes Arsenal an Daumenschrauben, um mißliebige Regierungen gefügig zu machen.

Die fünf VW-Manager können den Autoren des Grundgesetzes dankbar dafür sein, daß die Bedingungen für eine Auslieferung deutscher Staatsbürger sehr eng gefaßt sind – selbst wenn davon auch Islamisten mit deutschem Paß profitieren, die im Ausland gesucht und von Deutschland nicht einmal in EU-Länder ausgeliefert werden.