© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/17 / 07. Juli 2017

Hartmut Dudde. Der Leiter des G20-Einsatzes ist kein gewöhnlicher Polizeioffizier
Ohne Furcht und Tadel
Karsten Hoffmann

Hartmut Dudde ist kein gewöhnlicher Polizist. Während des G20-Gipfels am kommenden Wochenende in Hamburg wird der 54jährige einen der größten Polizeieinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland leiten. Doch nicht nur deswegen ist er für die gewaltbereite linke Szene eine Reizfigur. Dudde steht für die „Hamburger Linie“, eine Polizeistrategie, die neben der Deeskalation auf hohe Personalstärken, Abschreckung und Durchsetzung des Rechts setzt.

Denn diese Ziele galten so keineswegs immer. Ende der neunziger Jahre waren die Hamburger Einsatzführer dafür bekannt, Konfrontationen mit der linksextremen Szene zu meiden und Wasserwerfer allenfalls an warmen Tagen zur Beregnung des Gegenübers einzusetzen. Ihre Helme trugen die Einheiten nur im Notfall – um Demonstrationsteilnehmer nicht zu provozieren. Daß sich dies änderte, lag vor allem am Wahlerfolg der Schill-Partei 2001 sowie an den monatelangen Ausschreitungen nach der Räumung des Bauwagenplatzes „Bambule“, die eine strategische Neuausrichtung der Polizei erforderlich machten.

Der 1962 in Karlsruhe geborene und in Braunschweig aufgewachsene Dudde hat den Polizeiberuf von der Pike auf gelernt. 1995 Aufstieg in den höheren Dienst, 2005 Abteilungsführer der Hamburger Bereitschaftspolizei. Als solcher zog er es vor, seine Einheiten aus der Nähe zu führen. Bei den Einsätzen in Gorleben ließ er es sich nicht nehmen, seine Truppe persönlich einzuweisen. Und bei den Ausschreitungen im Schanzenviertel ging er in den ersten Reihen seiner Kollegen mit. Wie viele Polizisten mußte er auf so mancher Demonstration um seine Gesundheit fürchten, wie er jüngst in einem Interview durchblicken ließ.

Vor allem aber tat Dudde das, was man von einem Polizeiführer erwartet: entscheiden. Und er handelte bisweilen mutig und unkonventionell. Beim Castor-Transport 2010 ließ er über eintausend Blockierer eine Nacht lang in ein spontan errichtetes Lager unter freiem Himmel sperren und 2013 einen Demonstrationszug mit 4.500 Militanten schon nach wenigen Metern mit Wasserwerfern stoppen, weil sich die Teilnehmer nicht an den Zeitplan gehalten hatten.

Als Folge seiner Entscheidungen mußte sich Dudde bereits mehrfach vor den Verwaltungsgerichten rechtfertigen. Daß aus der Retrospektive nicht jede Maßnahme der juristischen Prüfung standhielt, nutzen seine Gegner, um ihn als „chronischen Rechtsbrecher“ zu verunglimpfen. Aber Dudde weiß, was er kann, und er tut, was er für richtig hält. Dabei interessiert ihn die politische Dimension seines Handelns allenfalls am Rande. Das macht ihn aus Sicht der Politik zu einem Risikofaktor. Aber da selbst auf Bundesebene kaum ein Polizeiführer über Einsatzerfahrung und Führungsqualität verfügt wie Hartmut Dudde, ist er schlichtweg nicht ersetzbar.