© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

Journalisten nehmen Partei für Krawallmacher
G20-Gipfel: Einige Berichterstatter solidarisieren sich mit Linksextremisten – mit Folgen
Ronald Berthold

Wer wissen wollte, welches Ausmaß der Terror bei den Anti-G20-Protesten angenommen hatte, mußte sich auf die sozialen Netzwerke verlassen. Die „heute“-Sendung vom ZDF zeigte am Freitag zwar ein paar brennende Müllcontainer. Auf den meisten Aufnahmen erlebten die Zuschauer aber vorrückende Polizeibeamte. 

Daß es sich um linksextrem motivierte Gewaltexzesse handelte, verschwiegen die Berichterstatter gänzlich. Meist war von „Aktivisten“ die Rede – ein positiv besetzter Begriff. Nicht zu sehen waren Bilder, die auf Facebook, Twitter und WhatsApp längst die Runde machten: Völlig entfesselte Vermummte, die durch Straßenzüge marodierten und ein Auto nach dem anderen anzündeten, ohne daß auch nur ein Polizist auf der Bildfläche erschien. 

Die verbreitete These, die Linkextremisten wären von den Beamten zur Gewalt provoziert worden, brach durch diese Videos in sich zusammen. Greifen die Öffentlich-Rechtlichen bei Konflikten in Syrien gern auf Youtube-Filme zurück, so schien das in Hamburg ein Tabu zu sein.

Mehrere Journalisten verlieren ihre Zulassung

Auffällig auch, wie Journalisten die Brandschatzungen und Gewaltausbrüche relativierten. Einer von vielen: Spiegel-Kolumnist und Freitag-Chef Jakob Augstein: „Der Preis muß so in die Höhe getrieben werden“, twitterte er, „daß niemand eine solche Konferenz ausrichten will.“ Und der Redaktionsleiter der ARD-Sendung „Panorama“, Volker Steinhoff, schrieb auf der NDR-Internetseite einen Text mit der Überschrift: „G20: Will die Polizei Hamburg in Schutt und Asche legen?“ und unterstellte ihr einen „geheimen Plan“ dafür. 

Steinhoff macht die Krawallmacher zu „Rettern des Rechtsstaates“ und die Polizisten zu Ausführern einer „nordkoreanischen Rechtsinterpretation“. Daß dieser Beitrag eines vom Gebührenzahler finanzierten Senders, der auch die „Tagesschau“ produziert, keinen Skandal auslöste, dürfte sich damit erklären, daß viele Journalisten darin keinen solchen erkennen können.

Im Gegenteil: Einige machten sich die Argumentation der Gewalttäter sogar ausdrücklich zu eigen. Zeit Online-Autor Sören Kohlhuber twitterte zum Beispiel: „Die Gewalt ging von Staat und Polizei aus. Jede Flasche, jeder Stein hat heute seine Berechtigung.“ Oder: „Wer nach heute noch auf seiten der Polizei agiert, gehört nicht zu den demokratischen Kräften.“ Kohlhuber arbeitet als „Rechtsextremismus-Experte“, der bisher den Zeit-Lesern alles über „Nazis“ erklärte. Wer „demokratische Kraft“ ist, wissen Rechtsextremismus-Experten manchmal sehr genau: ein kleiner Kreis, der die eigene Meinung teilt. Kohlhubers Kollege Michael Bonvalot, der neben dem Spiegel-Ableger Bento auch Vice mit Texten beliefert, machte die Plünderer gleich zu modernen Robin Hoods: „Rewe am Schulterblatt wurde von DemonstrantInnen geöffnet. Lebensmittel werden verteilt.“ 

Immerhin zieht die Zeit nun Konsequenzen. Die Verharmlosung von Gewalt, so erklärte die Wochenzeitung, sei nicht mit einer Mitarbeit vereinbar. Beide Autoren seien nicht im Auftrag eines von der Zeit betriebenen Blogs bei G20 aktiv gewesen. In eigener Sache hieß es am Montag weiter: „Wir werden daher mit beiden Autoren in Zukunft nicht mehr zusammenarbeiten.“ Auch der öffentlich-rechtliche Deutschlandfunk zeigte nicht wenig Verständnis für die „Kämpfer für eine bessere Welt“, die „ihrer Wut freien Lauf lassen“. 

Der Hamburg-Korrespondent Axel Schröder schickte zwar den Satz „Gewalttätige Angriffe auf die Polizei kann und muß man verurteilen“ voran. Dann folgte jedoch das große Aber: „Das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen die gestrige Demonstration in der Hafenstraße war, da sind sich der Autor dieses Kommentars und unzählige Augenzeugen einig, nicht verhältnismäßig.“

Und anschließend warf er sich für den Schwarzen Block in die Bresche: „Auch Menschen mit Sturmhauben haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.“ Er schob zwar noch „solange von ihnen keine Gewalt ausgeht“ hinterher, aber war das nötig? Vom Schwarzen Block geht so gut wie immer Gewalt aus. 

Noch während des G20-Gipfels verloren mehrere Journalisten ihre Zulassung zur Berichterstattung vor Ort. Begründung des Bundeskriminalamts: Es lägen „sicherheitsrelevante Erkenntnisse“ vor, die den „Entzug der Akkreditierung“ rechtfertigten.