© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

Ausrede Tierschutz
Landgestüt Dillenburg soll geschlossen werden
Martina Meckelein

In Deutschland gibt es noch 14 Haupt- und Landgestüte für die Pferdezucht. Sie sind Garanten des kulturellen Erbes und einer Tradition, die in ihrer Qualität auf der Welt einzigartig ist. Doch in Hessen scheint die Regierung unter dem CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier darauf keinen Wert zu legen. Denn das Landgestüt Dillenburg soll geschlossen werden. So will es die grüne Umweltministerin Priska Hinz (58). Begründung: Es ginge ums Tierwohl. Acht Zuchthengste, eine Probierstute und 32 Schulpferde werden verkauft. Auf dem Gestüt arbeiten 29 Mitarbeiter, davon fünf Lehrlinge.

„Die Fortführung der Hengsthaltung im Landgestüt Dillenburg im Sinne eines effektiven Tierschutzes erscheint nicht länger tragbar“, meint Franziska Richter, Sprecherin des Umweltministeriums, gegenüber JUNGEN FREIHEIT. Das Problem: Fehlender Weidegang. „Das Land muß das Tierwohl zu Recht abwägen“, sagt Andreas Sandhäger, Direktor des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, dem das Landgestüt seit 2010 untersteht, der JF. „Gleichwohl gibt es nur ganz wenige große Gestüte in Deutschland, in denen Hengste eine eigene Weide haben. Sie müssen auf jeden Fall einzeln gehalten werden. Für Stuten und Wallache gäbe es die Möglichkeit der sogenannten Hit-Aktiv-Ställe.“ Ein weiterer Grund für das Ministerium, Dillenburg loszuwerden: „Spätestens seit Änderung des Tierzuchtgesetzes 2006 ist Tierzucht und die Bereitstellung von Zuchthengsten keine staatliche Aufgabe mehr.“

Das sahen frühere Regierungen anders: Wilhelm der Reiche, Graf von Nassau-Dillenburg (1487–1559) begründete die Pferdezucht. Die Dillenburger Ramsnase war im 16. Jahrhundert ein Exportschlager. Das heutige Landgestüt wurde 1869 gegründet. Hier stand als Beschäler der Hengst „Oberst“, Vater der Wunderstute Halla, die 1956 mit Hans Günter Winkler einen einzigartigen Olympischen Sieg in Stockholm errang. In Hessen werden jetzt Hannoveraner und andere Warmblüter gezüchtet.

„Vor einigen Jahren hat sich der Verband der hessischen Pferdezüchter dem Hannoveraner Verband angeschlossen“, sagt Sandhäger. Dillenburgs Schwerpunkte sind Ausbildung und Denkmalschutz. „Zuerst einmal haben wir einen Bildungsauftrag. Unser Kerngeschäft ist die Ausbildung zum Pferdewirt, Haltung und Service mit Lehrgängen und Prüfung, zuständig für Rheinland-Pfalz, Saarland und eben Hessen. Zum anderen geht es um den Erhalt der historischen Anlagen, die dem Land gehören.“ 

Das spätbarocke Gebäudeensemble, an der Wilhelmstraße, insgesamt zehn Hektar, steht unter Denkmalschutz. „Mit 1,4 Millionen Euro bezuschußt Hessen das Gestüt, 400.000 Euro erwirtschaftet es selbst“, sagt Sandhäger. Wohl zu wenig. Das Land plant dort Wohnbebauung.

Landgestüt Dillenburg:  www.llh.hessen.de/