© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/17 / 21. Juli 2017

Roter Rückzugsraum für den Schwarzen Block
Linksextremismus: In einem besetzten Theater im Hamburger Schanzenviertel gedeiht die autonome Szene auf Steuerzahlerkosten
Martina Mecekelein

Für Linksextremisten ist die Welt denkbar einfach gestrickt. Der Hamburger Verfassungsschutz erklärt ihre psychische und ideologische Verfaßtheit folgendermaßen: „Aus Sicht von Autonomen geht Gewalt stets vom Staat aus, auf die Linksextremisten lediglich mit Gegengewalt, quasi Selbstverteidigung, reagieren“. 

Und kämpfen müssen die Autonomen jeden Tag: gegen den „Bullenstaat“, „Sexismus“ und für „Feminismus“. Kein Wunder, daß den Damen und Herren zwischen Autos anzünden, Barrikaden abfackeln, Tante-Emma-Läden „entglasen“ die Contenance flötengeht. Da tönt es dann: „Schnauze“, „Fresse“, „Bullenfotze“. Eine ihrer Kommandozentralen mit bundesweiter Bedeutung, ist seit 1989 die „Rote Flora“ in Hamburg. Mindestens seit 1998 schleust das Landeskriminalamt verdeckte Ermittler dort ein. 650 gewaltorientierte Linksextremisten zählt der Hamburger Verfassungsschutz. Für ihn ist die „Rote Flora“ seit der Besetzung „der bedeutendste politische Treff- und Veranstaltungsort der autonomen Szene“. Eine Kaderschmiede, gehätschelt von jeglicher politischer Couleur, sei sie Schwarz, Rot, Gelb oder Grün. Ihre Gewaltbereitschaft und ihr militärisches Know-how haben die Links­autonomen gerade unter Beweis gestellt.

Extremismusforscher kontert Verfassungsschutz

Der Extremismusforscher und frühere Bereitschaftspolizist Karsten Dustin Hoffmann sagte dagegen der JUNGEN FREIHEIT: „Die wirklich rechtlich relevanten Dinge werden woanders geplant. In der Flora wird beredet, wer beispielsweise Putzdienst hat, oder wer die sogenannte ‘Volxküche’ übernimmt. Auch werden dort Demonstrationen und Veranstaltungen vorbereitet. Aber direkte Angriffe gegen die Polizei oder ‘Nobelwohnungen’ werden dort nicht geplant.“ Das finde eher im privaten Bereich statt, also dort, wo die Autonomen davon ausgingen, daß sie nicht abgehört werden. „Und wenn es um besonders radikale Forderungen geht, dann wurden diese in letzter Zeit eher von Gruppen geäußert, die sich in anderen linken Zentren in Hamburg treffen, wie etwa in der ‘B5’ oder im ‘Centro Sociale’.  Die Flora wollen die Autonomen aus dem Gröbsten raushalten.“

Das linksextremistische Kommunikationszentrum in der Brigittenstraße 5, ist, so die Hamburger Behörde des Inneren schon 2003, einer der Trefforte für gewaltbefürwortende Deutsche und Ausländer. Da stellt sich die Frage, warum die Autonomen die Flora aus dem Gröbsten heraushalten wollen? Hoffmann sagt: „Die Flora ist der Geldautomat der linken Szene. Dort können die Aktivisten an Wochenenden mit ihren Musik- und Tanzveranstaltungen bis zu fünfstellige Summen einnehmen. Mit dem Geld werden dann Demonstrationen, Kongresse oder Treffen finanziert; ebenso der juristische Beistand für Aktivisten, gegen die Strafverfahren laufen. Und genau aus diesen Gründen wird die Flora auch nicht als militanter Stützpunkt genutzt. “

Aber reichen Musikveranstaltungen, eine Fahrradreparaturwerkstatt und ein paar zum Selbstkostenpreis vermietete Sporträume für die selbsternannte „Gegenöffentlichkeit“ aus, um ihren Kampf gegen das kapitalistische „Schweinesystem“ zu finanzieren? Bekommt sie womöglich Geld von dem System, das sie bekämpft?

Linksextremisten zahlen keine Miete

„Die Rote Flora erhält keine finanziellen Zuwendungen seitens der FHH“, sagt Daniel Stricker, Leiter der Präsidialabteilung der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg der JF. Die Flora am Schulterblatt war einmal ein Varietétheater. Der Bau stammt aus dem Jahr 1888. Genau 100 Jahre später sollte dort ein modernes Musicaltheater entstehen.

 Daraufhin besetzten 1989 Linke das Haus und gründeten „Flora e.V. – Verein zur Förderung der Lebensfreude im Stadtteil“. Laut Satzung will er die Jugendpflege, Volks- und Berufsbildung, sowie die internationale Gesinnung  fördern. Zielgruppen seien unter anderem sozial Schwache, insbesondere im Schanzenviertel. Unter Förderung der Lebensfreude scheinen die Autonomen die Radikalisierung und Ausbildung zum Straßenkampf zu verstehen. Ebenso ist bekannt, daß mitnichten auf der Schanze sozial Schwache wohnen – sie könnten sich die Mieten gar nicht leisten. 

Die Stadt verkaufte 2001 die Flora für 370.000 Mark an einen Investor. Seit 2011 besteht für das Gebäude eine Veränderungssperre. Es muß als Kulturzentrum erhalten werden. 2014 kaufte die Stadt die „Rote Flora“ für 820.000 Euro zurück. Eigentümer ist die städtische Lawaetz-Stiftung. Für den teuren Rückkauf kassierte die Stadt einen Eintrag in das Schwarzbuch des Hamburger Steuerzahlerbundes.

Miete zahlen die Linksextremisten keine. „Der Nutzung liegt kein Mietvertrag zugrunde“, sagte der Geschäftsführende Vorstand der Lawaetz-Stiftung, Thomas Mirbach, der JF. „Die Nutzer des selbstorganisierten Stadtteil- und Kulturzentrums übernehmen die laufenden Betriebskosten selbst.“ Dafür gründeten die Linksradikalen 1993 einen Förderverein, „um Spenden für den Erhalt des Hauses zu sammeln. Der Verein ist laut Flora nicht mehr aktiv. Spenden werden aber nach wie vor gesammelt. Als Empfänger wird der alt-linke Rechtsanwalt Andreas Beuth genannt, der auch einer der Sprecher der Flora ist.

Drohungen gegen Anwälte im Internet

Die gewalttätige Demo „Welcome to Hell“ am 6. Juli wurde von ihm und seinem Co-Sprecher Andreas Blechschmidt  angemeldet. Beuth sagte nach den Ausschreitungen dem NDR: „Ich als Sprecher der Autonomen habe gewisse Sympathien für solche Aktionen, aber bitte doch nicht im eigenen Viertel, wo wir wohnen. Also warum nicht irgendwie in Pöseldorf oder Blankenese, also da gibt’s auch bei uns großes Unverständnis, daß man im Schanzenviertel die eigenen Geschäfte zerlegt.“ Linksextreme Gewalt findet auch im Internet statt. Anwälte, die G20-Polizisten unterstützten, sollen mit dem Tod bedroht worden sein. Ein Unternehmer hatte am Dienstag online eine Petition gestartet, um aus der Flora einen Kindergarten zu machen. Nach kurzer Zeit und über 5.000 Unterschriften war die Petition verschwunden – „aus persönlichen Gründen“.