© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/17 / 21. Juli 2017

Kulturgüter bewahren
Jubiläum: Anfang August vor sechzig Jahren wurde die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gegründet
Martina Meckelein

Sie ist ein Kind des Kalten Krieges, und alles was sie tut, ist immer noch hochpolitisch: die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Am 25. Juli feiert sie Geburtstag. 60 Lenze zählt sie dann. Ein kurzer Rückblick und Ausblick auf ein bewegtes Leben.

Ihr Kreißsaal war der Bundestag. 1957 in Bonn. Zehn Jahre zuvor, im Februar 1947, hatte der Alliierte Kontrollrat dem Staat Preußen das Licht ausgeblasen. Für die noch vorhandenen und nicht von den Siegermächten geraubten Kulturgüter Preußens standen die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg in der Verantwortung. Anfang August 1957 beschlossen die Abgeordneten das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz“ und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung. Im Paragraph 3 Absatz 1 heißt es: „Die Stiftung hat den Zweck, bis zu einer Neuregelung nach der Wiedervereinigung die ihr übertragenen preußischen Kulturgüter für das deutsche Volk zu bewahren, zu pflegen und zu ergänzen, unter Beachtung der Tradition den sinnvollen Zusammenhang der Sammlungen zu erhalten und eine Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit in Wissenschaft und Bildung und für den Kulturaustausch zwischen den Völkern zu gewährleisten.“

Die Kultur eines untergegangenen Staates treuhänderisch zu verwalten, zu erhalten, zu erforschen, zu erinnern und in preußischer Tradition Kunst und Wissenschaft zu verbinden – eine Herkulesaufgabe! Und das unter der erschwerten Bedingung, daß durch den Kunstraub der Alliierten historische Sammlungen auseinandergerissen worden sind. Die geraubten Kunstwerke wiederzuerlangen und damit die historischen Sammlungen wieder zu vereinen scheint heute in den Hintergrund gerückt. Bernhard Schulz schrieb in einem Aufsatz für das Buch „Vogel Phoenix“ 2007 zum 50. Jahrestag der Stiftung: „Die Erinnerung an die preußische Herkunft wird mit jeder Erwerbung, jeder Baumaßnahme stärker überlagert.“ So kann man es auch formulieren.

Fünf verschiedene Einrichtungen zählt die SPK heute: die Staatlichen Museen zu Berlin mit 15 Sammlungen an 19 Standorten, die Staatsbibliothek zu Berlin mit zwei Standorten, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Staatliche Institut für Musikforschung und das Ibero-Amerikanische Institut. Insgesamt 2.000 Mitarbeiter arbeiten für die Stiftung; ihr Präsident ist seit 2008 der Prähistoriker Hermann Parzinger (58). Älteste Einrichtung ist das Geheime Staatsarchiv, dessen Wurzeln historisch im 13. Jahrhundert liegen, wo heute übrigens auch das größtenteils gerettete Königsberger Staatsarchiv lagert. Die Staatsbibliothek gründete der Große Kurfürst 1661. Die Staatlichen Museen, gegründet 1823 als Königliche Museen, beherbergen heute 4,7 Millionen Objekte in 15 Sammlungen.

Der Bund trägt 75 Prozent der Kosten

Finanziert wird die Stiftung durch Bund und Länder. Der Bund übernimmt dabei 75 Prozent der Kosten. Alle Parteien haben einen Sockelbetrag für Betriebskosten von 120 Millionen Euro vereinbart. Seit 2003 zahlt der Bund aus eigener Tasche den Bauhaushalt der Stiftung. Allein der Haushaltsplan für 2016 sieht Gesamtausgaben in Höhe von rund 289 Millionen Euro vor.

Klar hagelt es auch immer wieder Kritik. So im Jahr 2015 zum Richtfest des Schlosses, in dem das Humboldt-Forum mit seinen außereuropäischen Sammlungen untergebracht werden soll. Kosten: 600 Millionen Euro, geplante Eröffnung ist 2019. Am selben Tag, dem 12. Juni, feierten Kritiker ein „Nichtfest“ im Lustgarten. Dazu hatte die Initiative „No Humboldt 21“ aufgerufen. Sie fordern „die Aussetzung der Arbeit am Humboldt-Forum im Berliner Schloß und eine breite öffentliche Debatte: Das vorliegende Konzept verletzt die Würde und die Eigentumsrechte von Menschen in allen Teilen der Welt, ist eurozentrisch und restaurativ. Das Humboldt-Forum steht dem Anspruch eines gleichberechtigten Zusammenlebens in der Migrationsgesellschaft entgegen“. Manchmal kann einem SPK-Präsident Hermann Parzinger leid tun.

So auch, als das Bundesbauministerium bemerkte, daß die Sanierung des Pergamon-Museums kostenintensiver würde als geplant. Der über achtzig Jahre alte dreiflüglige Bau, das Herzstück der Museumsinsel, seit 1999 Weltkulturerbe, soll außerdem noch einen vierten Flügel bekommen. Statt 261 Millionen Euro kostet das jetzt 477 Millionen. Der Baugrund sei problematisch, hieß es aus dem Bundesbauministerium. Hätten die Herrschaften im Bauministerium sich einmal in Literatur, zum Beispiel den Ausstellungskatalog „Andreas Schlüter und das barocke Berlin“ – herausgegeben 2014 von der Stiftung selbst – eingelesen, hätten sie erfahren können, daß Baumeister Andreas Schlüter schon vor 300 Jahren an diesem Baugrund bei Errichtung des Schloßturmes gescheitert ist. Der Turm mußte wieder abgebrochen werden. Parzinger kommentierte die aktuell explosionsartig gestiegenen Baukosten laut RBB, sein Haus sei „gelinde gesagt schockiert“. Zumal sich dadurch auch die Wiedereröffnung des Museums verzögert.

Peinlich wurde es für die Stiftung am 27. März dieses Jahres, als drei ganz in schwarz gekleidete Männer morgens zwischen 3 und 4 Uhr ins Münzkabinett des Bode-Museums eindrangen und mit Hilfe einer Axt, eines Transporthundes (ein Rollbrett) und einer Schubkarre eine 100 Kilo schwere Goldmünze klauten. Die sogenannte Big Maple Leaf mit dem Bild von Königin Elizabeth II. (reiner Materialwert: 3,75 Millionen Euro) war in nur fünf Exemplaren 2007 von der Kanadischen Münze geprägt worden. Eines der Stücke hatte seit 2010 als Leihgabe einen Platz auf der Museums-insel hinter Panzerglas. Das aber offenbar einer Axt nicht standhalten konnte.

Mutmaßliche Täter sind arabische Clan-Mitglieder

Inzwischen sind die mutmaßlichen Täter ermittelt, vier Verdächtige am 12. Juli festgenommen: Mitglieder eines schwerkriminellen arabischen Clans, außerdem wurden scharfe Schußwaffen, fünf hochwertige Autos und 130.000 Euro Bargeld sichergestellt. Ihre Tipgeber, durch die der Raub ermöglicht wurde, sollen zwei Mitarbeiter des Museums gewesen sein.

Michael Eissenhauer, der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, sagte noch im März: „Wir sind schockiert, daß die Einbrecher unsere Sicherheitssysteme überwunden haben, mit denen wir seit vielen Jahren unsere Objekte erfolgreich schützen. Die Täter sind mit großer Gewalt vorgegangen, und wir sind froh, daß kein Personenschaden entstanden ist. Nun hoffen wir, daß die Täter gefaßt werden und die kostbare Münze unbeschadet in das Münzkabinett des Bode-Museums zurückkehren wird.“ Es wird ein frommer Wunsch bleiben. Die Polizei twitterte nach der Festnahme: „Die Goldmünze konnte nicht aufgefunden werden. Unsere Ermittler vom LKA gehen davon aus, daß sie in Stücken o. als Ganzes verkauft wurde.“

Kontakt: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Von-der-Heydt-Str. 16-18, 10785 Berlin, Telefon: 030 / 2 66 41 28 89

 www.preussischer-kulturbesitz.de