© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/17 / 28. Juli / 04. August 2017

Streit um Neuordnung der polnischen Justiz
Keine Belehrungen nötig
Christian Rudolf

Lassen wir uns doch nichts vormachen: Die überzogene Kritik des Auslands an der schwierigen polnischen Justizreform, die unverhohlenen Versuche, Druck auf Warschau auszuüben, die gouvernantenhaften Drohungen der EU-Kommission, Polen das Stimmrecht zu entziehen und Fördergelder zu kürzen, sind vor allem durch eins motiviert: eine nationalkonservative Regierung zu diskreditieren. Die maßlose Agitation der deutschen Mainstream-Medien gegen Warschau, darunter von einstmals „seriösen“ Blättern, wirkte zuletzt nur noch peinlich und beschämend.

Nein, Polens Politik versinkt nicht im Chaos. Daß dessen institutionelle Checks and Balances funktionieren, bewies Präsident Andrzej Duda am Montag souverän. Er zog mit einem Veto gegen zwei umstrittene Gesetze die Notbremse. Den Generalstaatsanwalt als obersten Ankläger der Exekutive diejenigen auswählen zu lassen, die am Obersten Gerichtshof Recht sprechen sollen – da hatte sich die Regierung eindeutig vergaloppiert. Polen, das sich 1791 übrigens als erstes Land in Europa eine moderne Verfassung gab, hat also bestimmt keine Belehrungen über Gewaltenteilung und demokratische Kultur nötig. Zumal nicht aus Deutschland. Oder handelt bei uns die Judikative etwa eigenständig und unabhängig von der Exekutive? Sind Gerichte etwa nicht als nachgeordnete Behörden dem Justizminister unterstellt? Und kontrolliert bei uns das Parlament eifrig die Arbeit der Regierung? Also!