© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/17 / 28. Juli / 04. August 2017

Grüße aus Bozen
Italiener bleiben zurück
Martin Feichter

In Bozen schrillen die Alarmglocken. Jedenfalls schlagen  die der Europäischen Akademie Bozen (Eurac) Alarm, wenn es um die Zweisprachigkeit bei Südtirols Oberschülern geht. 

In Südtirol sind Deutsch und Italienisch anerkannte Amtssprachen. Rund 2.000 Unterrichtsstunden in der jeweils anderen Landessprache genießen Schüler dort von der ersten Klasse Volksschule an bis zur Matura (Abitur). Zu viele, für zu schlechte Resultate, ist man sich seit langem einig. Diese gefühlte Verschlechterung der Sprachkenntnisse untermauert die zweite Kolipsi-Studie der Eurac erstmals wissenschaftlich. Die Forscher testeten Schüler der vierten Klassen der Oberschulen. 

Erreichten vor sieben Jahren bei den deutschen Schulen 41 Prozent der Schüler noch gute Kenntnisse in der Zweitsprache Italienisch (Niveau B2), sind es heute um die Hälfte weniger. Ein Fünftel der Schüler kann sich nur mit großer Mühe verständigen (Niveau A2), wobei dieser Wert in der ersten Kolipsi-Studie lediglich bei drei Prozent lag.

Deutsche fürchten die  Aushebelung des muttersprachlichen Unterrichts an der Schule.

Besonders schlecht schnitten die italienischen Oberschulen ab. In der Zweitsprache Deutsch bauten die Schüler im Verhältnis zu ihren deutschen Kollegen zwar weniger stark ab, das am häufigsten erreichte Niveau entspricht aber dennoch nur elementaren Grundkenntnissen (A2).

„Dem Großteil der Schüler in italienischen Schulen ist es also nicht möglich, aktiv am sprachlichen Alltag auf deutsch teilzunehmen“, heißt es in der Studie.

Mit dem sogenannten CLIL-Unterricht dachte die Landesregierung, unterstützt von Linksparteien, ein Allheilmittel für die Verbesserung des Zweitsprachunterrichts gefunden zu haben. CLIL steht für Content Language Integrated Learning. Zu deutsch: Lehrer halten einen Teil des Sachfachunterrichts in einer anderen Sprache. Erdkunde auf deutsch, Geschichte auf italienisch. 

Die deutschen Oppositionsparteien liefen Sturm. Sie befürchten mit der Aushebelung des muttersprachlichen Unterrichts den Verfall der Muttersprache und eine schleichende Assimilierung der deutschen Minderheit im italienischen Nationalstaat. Nun bescheinigte die Studie der viel beworbenen Unterrichtsmethode aber „ernüchternde“ Ergebnisse.

In den schriftlichen Tests zu den Zweitsprachkenntnissen konnte kein Unterschied zwischen Oberschülern mit und jenen ohne CLIL-Erfahrung festgestellt werden.