© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Nicola Baumann oder Insa Thiele-Eich (r.) – wer ist die erste Deutsche im Weltraum?
Wettlauf ins All
Paul Leonhard

Perspektive Weltraum“ könnte bald über Anzeigen der Bundeswehr stehen und darunter eine Kampfpilotin dem Betrachter entgegenlachen. Dann nämlich, wenn Major der Luftwaffe Nicola Baumann die erste Deutsche im All werden sollte. Oder der Beruf Astronaut wird hierzulande Familientradition. In diesem Fall hat die Meteorologin Insa Thiele-Eich, Tochter von Gerhard Thiele, der 2000 mit dem Space Shuttle ins All flog, das Rennen gemacht.

Die beiden haben sich gegenüber 406 Mitbewerberinnen durchgesetzt. Gezielt hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit dem Auswahlprogramm „Die Astronautin“ eine Frau gesucht. Es fanden kognitive Tests statt, Englisch-, Mathe- und Physikkenntnisse wurden abgefragt. Zwei Tage lang „zwei Tests, dann Pause, zwei Tests, wieder eine Pause“, erzählt Thiele-Eich. Dreißig Kandidatinnen kamen weiter. Dann wurde die Streßresistenz geprüft. Es gab Momente, räumt Thiele-Eich ein, „da wäre ich im liebsten aufgestanden und gegangen“. Am Ende siegten sie und Baumann.

Kann Thiele-Eich auf ihren Vater verweisen, so ist ihre Kollegin stolz, aus einer „Familie flugbegeisterter, abenteuerlustiger und manchmal auch draufgängerischer Frauen“ zu stammen: „Schon meine Großmutter hatte einen Segelflugschein, und meine Mutter war als Drachenfliegerin sehr erfolgreich. Beide sind ihren Träumen gefolgt und haben sich keine Grenzen gesetzt!“

Sätze wie diese sind für das Projekt „Die Astronautin“ wichtig. Die Kandidatinnen sollen Vorbilder für Mädchen sein, diese für technisch-naturwissenschaftliche Berufe in Luft- und Raumfahrt begeistern. „Alle Menschen sollen für das gesehen werden, was sie tun – nicht für ihr Geschlecht“, sagt die 1983 in Heidelberg geborene und in den USA aufgewachsene Thiele-Eich.

Baumann, geboren 1985 in München, wollte schon als kleines Mädchen Pilotin werden. Von der Lufthansa abgelehnt, weil nur 1,60 Meter groß, meldete sie sich zur Luftwaffe. Die Ausbildung zur Pilotin des Tornado und Eurofighter Typhoons sei „wie eine Lizenz gewesen, noch intensiver träumen zu dürfen“.

Als Wissenschaftlerin mit Leidenschaft, bezeichnet sich Thiele-Eich. Die Mutter zweier Kinder betreibt Grundlagenforschung für Wetter- und Klimavorhersagen. Astronautin zu werden, war stets ihr Plan B. Sogar über eine astronautische Marsmission hat sie schon nachgedacht – aber nur „gemeinsam mit meinen Töchtern und meinem Mann“.

Die Spezialausbildung der beiden beginnt im September, spätestens 2020 wird eine von ihnen zur Internationalen Raumstation ISS starten, während die andere noch warten muß. „Zu behaupten, ich hätte keinen Respekt vor Start und Landung, wäre gelogen“, sagt die Wissenschaftlerin, während die Pilotin träumt: „Die Motoren zünden, ich höre Lärm, spüre die Vibrationen, dann setzt sich die Rakete in Gang – diese Vorstellung ist atemberaubend!“