© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Ländersache: Baden-Württemberg
Student sein, wenn die Gelder fließen
Paul Leonhard

Der „Freie Zusammenschluß von Studentinnenschaften“ (FZS) in Baden-Württemberg hat ein neues Feindbild: die schwarz-grüne Landesregierung, vor allem Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Die ist gerade dabei, das Landeshochschulgesetz zu überarbeiten. Wichtigste Änderung aus Sicht der FZS-Aktivisten ist dabei die Streichung des „politischen Mandats“ für die Verfaßte Studentenschaft.

Diese studentische Interessenvertretung, finanziert durch Zwangsgebühren der Studenten, war erst im April 2012 von der grün-roten Regierung wieder eingeführt worden, damit sie „wirksam für die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange aller Studierenden“ eintritt, wie die schon damals amtierende Ministerin Bauer es seinerzeit formulierte. Der Wechsel des Koalitonspartners bedeutete das Ende dieses „politischen Mandats“. Denn die CDU hatte im Wahlkampf angekündigt, daß das „Mandat auf hochschulpolitische Aspekte“ konzentriert werden müsse.

Der Verfaßten Studentenschaft werde mit dem Streichen der Befugnisnorm die Möglichkeit genommen, sich zu den Belangen der Studenten öffentlich zu äußern, protestiert Maleen Steding, Vorstandsmitglied der Studierendenvertretung der Universität Freiburg. Die Wahrnehmung der hochschulpolitischen, fachlichen und fächerübergreifenden sowie der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Studenten, aber auch die Förderung der politischen Bildung werde „massiv eingeschränkt, wenn nicht sogar verhindert“. Tatsächlich geht es aber den Studentenschaften um etwas anderes: „Bei den momentanen politischen Entwicklungen auf europäischer und bundesweiter Ebene ist es besonders wichtig, antidemokratische, rassistische, sexistische, antifeministische und weitere diskriminierende Meinungen auch an den Hochschulen und im akademischen Umfeld aufzuzeigen und diesen entgegenzuwirken“, heißt es auf der Internetseite des FZS. Man werde daher „den geplanten Änderungen mit aller politischen Kraft entgegentreten“.

Rückendeckung gibt es von der oppositionellen SPD: Die Gesetzesänderung wäre „ein Schritt zurück in die 70er Jahre und bedeutet ein Austrocknen von Mitbestimmung, Beteiligung und Debattenkultur an unseren Hochschulen“, so die Landtagsabgeordnete Gabi Rolland.

1977 hatte das unionsregierte Baden-Württemberg die von radikalen Linken dominierte Verfaßte Studentenschaft abgeschafft. Zwei Jahre später erfolgte ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das eine allgemeinpolitische Betätigung der Studentenschaft für unzulässig erachtete, was bei ihrer Wiedereinführung durch Grün-Rot 2012 kaum beachtet worden war. Man habe das Gesetz jetzt präzisiert, weil das politische Mandat im Sinne eines allgemeinpolitischen Mandats mißgedeutet worden sei, so Bauer.

Was sie damit meint, weiß Matej Peulic, Landeschef des Rings Christlich-Demokratischer Studenten Baden-Württemberg: Studentenvertretungen hätten ihre Stellung mißbraucht und mit den Pflichtbeiträgen radikale und extremistische Gruppierungen unterstützt. So habe der Studentenrat der Universität Freiburg Fahrten zu den G20-Krawallen nach Hamburg bezuschußt und der Heidelberger Studentenrat vor zwei Jahren Fahrten zu den Protesten gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main.