© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Zeitschriftenkritik: Vision 2000
Das Leben ist kostbar
Werner Olles

Seit Papst Johannes Paul II. die sich in Westeuropa ausbreitende „Kultur des Todes“ brandmarkte, hat sich die Situation weiter dramatisch verschlechtert. Das sechsmal jährlich erscheinende katholische Magazin Vision 2000 weist in seiner aktuellen Ausgabe (4/2017) auf eine sich in der Gesellschaft ausbreitende Änderung des Wertgefüges hin. Ein Tabubruch folgte dem nächsten, schreibt der Herausgeber Christof Gaspari, zuletzt die Debatte um straffreie Sterbehilfe. Gaspari: „Sobald das Leben nicht mehr absolut tabu ist, sich eine Gesellschaft also mit dem Gedanken anfreundet, man könne nach eigenen Nützlichkeitsüberlegungen über das Leben anderer verfügen, wird sie anfällig dafür, dieses Denken überall dort anzuwenden, wo der Tod ‘nützlich’ zu sein scheint.“

Das Magazin wirft einige weitere Schlaglichter auf die Kultur des Todes: So wurde ein Philosophiedozent an der katholischen Hochschule Löwen in Belgien entlassen, weil er in seiner Vorlesung Abtreibung als „Mord an unschuldigen Menschen“ bezeichnete. Eine christliche Hebamme wurde von mehreren schwedischen Krankenhäusern abgelehnt, da sie bei der Ausübung ihres Berufes nicht bei Abtreibungen helfen wollte. Ihre Klage gegen diese Diskriminierung wurde vom zuständigen Arbeitsgericht abgewiesen. Planned Parenthood hat nach eigenen Angaben im Fiskaljahr (Juli 2015 bis Juni 2016) 332.697 Abtreibungen vorgenommen, wobei die Kindestötungen durch verordnete Mittel zur „Notfall-Verhütung“ mit 767.830 Verordnungen nicht berücksichtigt sind. Der zehn Monate alte Charles Gard, der künstlich ernährt und beatmet werden muß, sollte in den USA mit einer neuen Therapie behandelt werden, doch das oberste englische Gericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, die unterstützenden Maßnahmen einzustellen. Der Fall wirbelte in den USA in konservativen Kreisen und bei christlichen Lebensschützern viel Staub auf, in den hiesigen Medien fand er nur geringe Beachtung.

Die Autorin und Bundesvorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), Alexandra Maria Linder, beschreibt in ihrem Beitrag „Die Kirche hätte eine große Chance“, daß Frauen nach einer Abtreibung viel zu wenig geholfen werde. Dabei führten Gefühle von Schuld und Trauer zu Depressionen, Unfruchtbarkeit, Konzentrationsstörungen und „Roboter-Feeling“, Krankheiten, die jedoch von den meisten Medizinern nicht der vorhergegangenen Abtreibung zugeordnet würden. Während die amerikanische Bischofskonferenz Broschüren über „Seelsorge nach Abtreibungen“ herausgebe, sei dies in deutschen Diözesen eher die Ausnahme. Die Autorin nennt dies eine „absolute Fehlentscheidung aus Feigheit oder Gleichgültigkeit“. Sie plädiert dafür, daß außer Lebensschutzorganisationen und Selbsthilfegruppen auch die Kirche verstärkt Seelsorge, Gespräche, Versöhnung und Beichte anbiete. Dies könnte „ganz wunderbar dabei helfen, tiefe Wunden zu heilen und die Thematik wieder breiter in die Öffentlichkeit zu bringen“. 

Kontakt.  Vision 2000, Beatrixgasse 14a/12, A-1030 Wien, E-Mail: vision2000@aon.at

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