© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/17 / 18. August 2017

Grüße aus Madrid
Ab in den Urlaub
Michael Ludwig

Mariano Rajoy, spanischer Ministerpräsident, saß im Zeugenstuhl – dunkler Anzug, weißes Hemd, schwarze Krawatte. Sein Gesicht wirkte angespannt und hochkonzentriert. Nein, er habe „niemals“ Extrazahlungen kassiert; nein, er habe „niemals“ Schwarzgeld in Briefumschlägen entgegengenommen; nein, er habe „niemals“ davon gehört, daß Geschäftsleute aus der Baubranche Bestechungsgelder an seine Partei, der konservativen Partido Popular (PP), gezahlt hätten. Nein, er habe sich „niemals“ mit der Buchführung des PP beschäftigt. Nein, er habe „niemals“ davon Wind bekommen, daß in seiner Partei eine „schwarze Kasse“, die sogenannte „Caja B“, geführt worden sei.

Zwei Stunden dauerte die Befragung Rajoys im Gericht von San Fernando de Henares nahe der Hauptstadt. Zur Verhandlung stand der bislang größte Korruptionsskandal der spanischen Nachkriegsgeschichte, zu dessen Aufklärung der Ministerpräsident beitragen sollte.

Correa und Co. waren vor allem in Madrid aktiv – der Hochburg der Partido Popular.

Doch das Ergebnis blieb mager. So sehr sich die Richter und Staatsanwälte auch anstrengten, Substantielles ans Tageslicht zu befördern, stets erhielten sie vage Antworten, wenn es um konkrete Sachverhalte ging. Kein Wunder, denn der „Fall Gürtel“ kann für Rajoys Regierung bedrohlich werden.

Während des großen Baubooms zwischen 1999 und 2007 bildete sich ein kriminelles Netzwerk unter der Führung eines Geschäftsmannes mit dem Namen Francisco Correa, dessen Familienname auf deutsch Gürtel heißt.
Correa als „schillernd“ zu bezeichnen, wäre eine allzu beschönigende Beschreibung, seine Geschäftspartner und politischen Mentoren nannten ihn „Don Vito“ nach dem legendären Mafiaboß Vito Corleone im Roman „Der Pate“. In den 700.000 Seiten starken Ermittlungsakten wird penibel dokumentiert, was im Umfeld von Don Vito alles abging.
 
Correa und seine Gehilfen waren vor allem in Madrid und Valencia aktiv – in jener Zeit Hochburgen der Partido Popular. Sie sollen zahlreiche Parteifunktionäre bestochen haben, um Unternehmen öffentliche Aufträge zuzuschanzen.

Während Parteifreunde der Presse mitteilten, Rajoy sei „zufrieden“ und „erfreut“ aus dem Gerichtssaal marschiert, weil er auf hervorragende Weise mit der Justiz zusammengearbeitet habe, machte dieser sich danach sogleich auf den Weg in seine Ferien im nordspanischen Galizien.