Später Frost, lange Trockenheit, Platzregen, Sturm und Hochwasser – die deutschen Bauern haben es nicht leicht in diesem Jahr. Anders als die Industrie ist die Landwirtschaft schon immer den Naturgewalten ausgesetzt und damit großen Schwankungen bei Ertrag und Einnahmen. Das ist ein existenzbedrohendes Risiko, das die Politik mit abfedern muß – sei es durch Ausgleichszahlungen, sei es durch steuerliche Erleichterungen. Schließlich sind die meisten Ernterisiken kaum versicherbar, und man darf die Bauern mit ihren Problemen nicht im Regen stehen lassen.
Dieser Berufsstand befindet sich zudem in einer strukturellen Dauerkrise. Jeden Tag muß ein Dutzend unrentabler kleinerer Betriebe aufgegeben. Globalisierung und Marktliberalisierung erhöhen den Kampf um Absatzmärkte und faire Preise. Landwirte besitzen kaum Rücklagen, um finanzielle Durststrecken aus eigener Kraft zu überbrücken. Doch Geld ist nicht alles. Der Agrarsektor benötigt genauere agrarmeteorologische Voraussagen. Die Erntemaschinenhersteller müssen innovativer werden und Technik entwickeln, die auch bei Nässe und feuchtem Boden effektiv funktioniert. Dazu könnte die Forschung gefördert werden. Die Finanzpolitik muß den Landwirten mehr steuerfreie Rückstellungen ermöglichen, und die EU sollte die Sanktionen gegen den wichtigen Agrarabsatzmarkt Rußland beenden.
Und: Es muß Schluß sein damit, den Ruf der Bauern durch ideologische Forderungen und überzogene Schuldzuweisungen zu ramponieren. Sie sind weder Tierquäler noch für den Klimawandel verantwortlich, noch für alle Grundwasserbelastungen oder Bodenverschmutzungen. Umstellungen in der landwirtschaftlichen Produktionsweise brauchen Zeit und können nicht per Verordnung schlagartig erfolgen. Die EU-Agrarpolitik darf nicht mehr zu Lasten bisher gesunder deutscher Betriebe gehen. Wenn es schon das Wetter nicht ist, zumindest die Politik muß für die Landwirte verläßlicher werden.