© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/17 / 18. August 2017

Frisch gepresst

Intelligenz. Die wildeste Medienwut löste Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ (2010) mit dem Kapitel über die Zusammenhänge von erblichen Denkkraftunterschieden, beruflicher Qualifikation, sozialer Schichtung und „Einwanderung“ aus. Heute zieht es der politisch-mediale Komplex vor, die Quintessenz daraus ebenso wie die These des Demographen Gunnar Heinsohn, massenhafte Aufnahme konstitutioneller Analphabeten senkt die wissensbasierte Wirtschaftsleistung eines Staates, einfach zu ignorieren. Die Intelligenzforschung geht trotzdem weiter. Wie das jüngste Werk des Leipziger Genetikers Volkmar Weiss zeigt, das einerseits eine gute, den Einstieg in die umkämpfte Thematik erleichternde Zusammenfassung seines Opus magnus „Die Intelligenz und ihre Feinde“ (JF 42/12) bietet, andererseits neuere Fortschritte der Molekulargenetik der Intelligenzunterschiede erörtert und sie in Beziehung setzt zur „Dynamik des Verfalls“ durch Massenmigration. Diesem Malstrom könne sich das Land nur noch entziehen, wenn mittelfristig die Geburtenzahlen der Deutschen um 15 Prozent stiegen. (dg)

Volkmar Weiss: Das IQ-Gen – verleugnet seit 2015. Eine bahnbrechende Entdeckung und ihre Feinde. Ares Verlag, Graz 2017, gebunden, 159 Seiten,
19,95 Euro




Erzdiebin. Einige der Räuber des 18. Jahrhunderts wie Matthias Klostermayr, der „Bayerische Hiasl“, oder Johannes Bückler aus dem Hunsrück haben es sogar zu überregionaler Bekanntheit gebracht, ersterer als Vorlage des Karl Moor in Schillers „Die Räuber“ und „Schinderhannes“ Bückler spätestens durch die literarische Verarbeitung von Carl Zuckmayer. Eine Dissertation von Silja Kai Foshag über das „Leben und die Persönlichkeit der 1788 zu Oberdischingen hingerichteten ‘Erzdiebin’ und ‘Landvagantin’ Elisabetha Gassnerin, genannt Schwarze Lies“ weist nach, daß auch diese kriminelle Männerdomäne einer Frauenquote gebührt. Dabei gelingt es Foshag nicht nur, eine notorische und bis zu ihrem Ende auf dem Schafott überaus erfolgreiche Taschendiebin als Fall historischer Kriminologie vorzustellen. Dieser will heute angesichts einschlägiger Intensivtäter ohnehin wenig spektakulär erscheinen. Der akribisch aufbereitete Blick in die Milieus der vorindustriellen Zeit Schwabens ist der noch größere Wert. Ein fesselndes Stück Gesellschaftsgeschichte. (bä)

Silja Kai Foshag: „Es sey eine Forcht, was sie gestohlen...“ Morstadt Verlag, Kehl 2017, gebunden, 596 Seiten, Abbildungen, 68 Euro