© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Aufgeschnappt
Wurm im Apfel
Matthias Bäkermann

In Guben an der Oder spielt der Obstanbau schon lange keine Rolle mehr. Aber in Erinnerung an die lange Tradition feiert die kleine Stadt in der Niederlausitz seit 1995 ihr „Appelfest“. Wie bei derlei Festen üblich, wird dabei alljährlich eine Apfelkönigin gewählt. 2016 hat der örtliche Tourismusverein – ganz im Sinne der Antidiskriminierung – erstmals auch Männer zur Wahl zugelassen. Und tatsächlich fand sich mit Marko Steidel ein Bewerber. Der Hobbytrödler mußte jedoch gegen die hübsche 21jährige Antonia Lieske mit ihren gut 80 Prozent der 1.250 Stimmen sein persönliches Cannae erleiden. 

Der 42jährige Wahlverlierer mit der hohen Stirn witterte aber sofort eine Verschwörung. Als Sozialhilfeempfänger mit reichlich Tagesfreizeit und Prozeßkostenhilfe ausgestattet, überzieht Steidel seitdem Antonia I. und städtische Verantwortliche mit Klagen. Mal geht es um ein Auftrittsverbot der Apfelmajestät auf der Grünen Woche oder ganz handfest um die Kleinigkeit von 20.000 Euro Schadensersatz. „Dieser Mann kostet uns Zeit, Nerven und Geld“, stöhnt die Gubenerin Kerstin Greilich im Tagesspiegel. „Ich werde weiterklagen, bis ich Apfelkönig bin“, prophezeite Steidel vergangenen Dienstag trotzig in Anbetracht der sich abzeichnenden Niederlage vor dem Amtsgericht in Cottbus.