© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

„Vorwürfe haben sich nicht bestätigt“
Bundeswehr: Bei einer Feier von Elitesoldaten ging es etwas rustikal zu / Zum Skandal taugt die Sache nicht
Peter Möller

Die Geschichte hat alles, was ein klassischer Bundeswehr-Skandal benötigt: rechtsextremistische Vorfälle gepaart mit sexuellen Ausschweifungen – wenn die nun erhobenen Vorwürfe denn stimmen. In der vergangenen Woche berichtete die ARD über eine Abschiedsfeier für einen Kompaniechef der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK), bei der Ende April mehrere Soldaten den Hitlergruß gezeigt sowie Rechtsrock gehört haben sollen. Die Vorwürfe stützen sich offenbar einzig und allein auf die Aussage einer mutmaßlichen Prostituierten, die für die Veranstaltung engagiert worden war und laut eigener Aussage als „Hauptpreis“ für den scheidenden Kompaniechef gedacht war. Auch sonst soll es bei der Feier eher deftig zugegangen sein: unter anderem ist von einem „Parcours“ mit derben Spielen die Rede – inklusive Schweinskopfwerfen.

Nach Angaben der ARD-Journalisten habe die Zeugin ihre Vorwürfe über die Abschiedsfeier auf einer Schießanlage in der Nähe von Stuttgart mit WhatsApp-Nachrichten, Flugtickets und ähnlichen Dokumenten belegt. Die Bundeswehr, die mittlerweile Ermittlungen zu den Vorwürfen eingeleitet hat, hat sich bislang auffallend zurückhaltend zu dem Fall geäußert. Anders noch als Anfang des Jahres, als angeblich erniedrigende Ausbildungsmethoden und „sexuell-sadistische Praktiken“ bei der Ausbildung von Kampfsanitätern im baden-württembergischen Pfullendorf öffentlich für Aufregung gesorgt hatten. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Vorwürfe nach Bekanntwerden als „abstoßend und widerwärtig“ bezeichnet und sogleich als „bestürzende Zeichen für einen Mangel an Führung, Haltung und Kultur“ gedeutet. Spätestens seit diesem öffentlichen Rundumschlag gilt das Verhältnis der Truppe zur Ministerin als zerrüttet. Zumal die zuständige Staatsanwaltschaft Hechingen die Ermittlungen Anfang Juni einstellte: die Vorwürfe hatten sich als falsch herausgestellt.

Ähnlich könnte es nun auch im Fall der KSK-Feier sein. Darauf deutet zumindest eine erste Stellungnahme des Verteidigungsministeriums hin. „Nach dem bisherigen Ermittlungsstand haben sich die Vorwürfe auf verfassungsfeindliche Äußerungen in Wort, Bild oder Tat nicht bestätigt“, hieß es in der vergangenen Woche in einer Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses. Zudem lägen keine Erkenntnisse vor, daß es zu sexuellen Handlungen gekommen sei.

Bestätigt wurde dagegen das restliche Abendprogramm, zu dem ein Parcours unter dem Motto „römisch-mittelalterliche Spiele“ gehört habe. „Einige Soldaten trugen deswegen Überhänge, die zu dieser Zeit passen sollten. Zu den Aufgaben zählten Bogenschießen, das Zerteilen von Melonen und Ananas mit einem Schwert, das Zerteilen eines Holzstammes mit einer Axt, das Werfen von Schweineköpfen und das Überwinden einer Hinderniswand“, teilte die Bundeswehr mit. Über die Ahndung möglicher dienstlicher Verfehlungen „mit der gebotenen Entschiedenheit“ werde nach Abschluß der Ermittlungen entschieden. Doch für den ehemaligen Wehrbeauftragten des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), ist schon durch den Parcours die Grenze des guten Geschmacks überschritten worden. „Auch diese Ekel-Rituale haben in der Bundeswehr nichts zu suchen. Unabhängig davon, ob der Staatsanwalt hier einen Ansatz für eine strafrechtliche Verfolgung findet, muß in diesem Zusammenhang hart durchgegriffen werden“, sagte Robbe der ARD.

Personelle Veränderungen im KSK gab es bereits in der vergangenen Woche – allerdings in einem anderen Zusammenhang. Laut Spiegel hatte eine zivile Angestellte der Einheit, die im baden-württembergischen Calw stationiert ist, dem Vizekommandeur des KSK verbale Entgleisungen, Drohungen und frauenfeindliche Sprüche vorgeworfen. Daraufhin wurde der Oberst versetzt.

Unterdessen hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Haftbeschwerde des terrorverdächtigen Bundeswehroffiziers Franco A. zurückgewiesen. Die Richter halten den Oberleutnant weiterhin für dringend verdächtig, gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz verstoßen und einen Betrug begangen zu haben, teilte das Gericht in der vergangenen Woche mit. Offen blieb dabei, ob A. auch mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere staatsgefährdende Gewalttat geplant hat. Dem Offizier wird vorgeworfen, sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und gemeinsam mit zwei Komplizen Anschläge auf hochrangige Politiker geplant zu haben.