© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Fiat-Chrysler-Aktie steigt nach China-Offerte auf Allzeithoch
Mehr als naiv
Jörg Fischer

Christian Lindner will seine FDP in den Bundestag führen und – im Zweifel mit den Grünen – Angela Merkel eine vierte Amtszeit ermöglichen. Dafür ist Medienpräsenz unabdingbar: „Der Staat sollte VW komplett privatisieren“, forderte der 38jährige Berufspolitiker im Handelsblatt. Auch in der CDU gibt es Marktwirtschaftler, die das VW-Gesetz – das Niedersachsen mit seinem 20,2-Prozent-Anteil eine Sperrminorität verschafft – nicht mögen.

„Wir brauchen marktwirtschaftlichen Wettbewerb und Kreativität der Ingenieure, aber keine Kumpanei zwischen Wirtschaft und Politik“, argumentiert Lindner – das soll wohl Unions- und AfD-Wähler zur FDP bekehren. Doch die Realität ist längst eine andere, als sie Lindner von seinen Politikseminaren an der Uni Bonn kennt. Wer soll die niedersächsischen Anteile kaufen? Um „das Bildungssystem und die Infrastruktur in Niedersachsen auf ein Spitzenniveau bringen“, müßte der Meistbietende zum Zuge kommen. BMW, Daimler und Toyota scheiden wohl aus kartellrechtlichen Gründen aus. General Motors und Ford sowie die Franzosen haben genug eigene Baustellen, Indien fehlt das Geld – bleibt also China, wie das Übernahmeangebot von Great Wall Motors für den 2014 etablierten italienisch-amerikanischen Fiat-Chrysler-Konzern (FCA) zeigt.

2010 wurde Volvo an Geely verkauft, da Ford Geld brauchte. Und das staatsmonopolistische China hat derzeit Währungsreserven von 3,2 Billionen Dollar. Damit diese nicht von Inflation und Mikrozinsen aufgezehrt werden, wird im In- und Ausland kräftig investiert. Die VW-Aktien wären quasi aus der Portokasse zu finanzieren. Der US-Kongreßausschuß CFIUS und Donald Trump werden sicher verhindern, daß Dodge, Jeep, Ram & Co. chinesisch werden – aber Volkswagen schützt nur das alte VW-Gesetz vor einer Übernahme durch das kommunistische Reich der Mitte. Aber vielleicht will Lindner in Wahrheit eine Filetierung durch Finanz­investoren ermöglichen – wer weiß.