© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Blick in die Medien
Wer einmal lügt ...
Tobias Dahlbrügge

Ein anscheinend brisantes Dokument geisterte kürzlich durchs Internet und sorgte für viel Aufregung: Es handelte sich um eine angebliche Dienstanweisung des NRW-Innenministers Herbert Reul an den Kölner Polizeipräsidenten mit der Vorgabe, Verbrechen von „Flüchtlingen, Asylbewerbern oder Menschen mit Migrationshintergrund“ ausdrücklich nicht zu registrieren. Polizisten, die dies dennoch täten, erwarte eine „strenge Rüge mit Verwarnung und sogar Dienstentlassung“. Polizeibeamte sollten entsprechende Protokolle „mit Bleistift ausfüllen“, um spätere „Korrekturen“ zu ermöglichen.

Die Behörden haben ihre Glaubwürdigkeit durch wahre Fälle längst ruiniert.

Aus den sozialen Medien wie Facebook und Twitter fand das ungeheuerliche Faksimile seinen Weg bis ins NRW-Innenministerium, in Polizeibehörden und politische Kreise. Innenminister Reul sah sich schließlich genötigt, den Inhalt in einer Presseerklärung persönlich zu dementieren. Die Spur des Urhebers verliert sich im Dickicht des Internets.

Der Fall sollte konservative Netz-Nutzer mahnen, bei solchen „Skandalen“ zweimal hinzuschauen und die Quellen zu prüfen. Facebook und Twitter sind nun einmal kein Ausweis für eine seriöse Herkunft. Doch der Grund, warum so viele Menschen auf das falsche Dokument hereinfielen, ist, daß tatsächliche Geschehnisse solcher Art das Vertrauen in die Institutionen des Rechtsstaates mittlerweile massiv erodieren ließen. Zum Beispiel 2016, als die Polizeidirektion Kiel den Beamten vorschrieb, Ausländer ohne Ausweis bei „einfachen Delikten wie Ladendiebstahl und Sachbeschädigung“ nicht strafrechtlich zu verfolgen. Oder nach den Kölner Silvesterübergriffen, als die Polizei die Taten von Nordafrikanern systematisch abgestritten und kleingeredet hatte. Allein, daß zahlreiche Bürger daher heute auch ein unwahres Dokument wie die vermeintliche Anweisung ohne weiteres für möglich halten, zeigt, wie die Behörden ihre eigene Glaubwürdigkeit ruiniert haben.