© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

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Historiker Eberhard Jäckel verstorben

Stuttgart. Am 15. August ist der Historiker Eberhard Jäckel im Alter von 88 Jahren verstorben. Der 1929 bei Bremerhaven geborene Angehörige der Flakhelfergeneration erhielt nach Studium und Habilitation 1967 einen Ruf als Professor für Neuere Geschichte an die Universität Stuttgart, wo er bis zur Emeritierung 1997 blieb. In den siebziger Jahren widmete er sich seinem Forschungsschwerpunkt Hitler und Nationalsozialismus, erregte aber schon damals über seine Disziplin und die Universität hinaus als politischer Wissenschaftler und engagierter Unterstützer der SPD Aufsehen. Anfang der achtziger Jahre gehörte Jäckel mit einem kritischen Aufsatz in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte zu den frühen Skeptiken an den vom Stern aufgespürten Hitler-Tagebüchern, obwohl er 1979 bei Inaugenscheinnahme eines ersten aufgetauchten Bandes diesen gegenüber dem Fälscher Konrad Kujau noch als „Sensation“ einschätzte. Seine eigene wissenschaftliche Reputation nahm dann allerdings Schaden, als herauskam, daß er für seine 1980 veröffentlichte Quellensammlung „Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905–1924“ selbst im beträchtlichen Ausmaß auf Fälschungen Kujaus hereingefallen war. Dennoch konnte Jäckel seine überdurchschnittliche mediale Präsenz behaupten, die er während des Historikerstreits 1986 nutzte, um gegen Ernst Nolte Partei zu ergreifen. Seine in den Diskurs eingebrachte These von der Einzigartigkeit des Holocaust bezichtigte bereits Vergleiche des NS-Judenmordes mit anderen Völkermorden der „Relativierung“. Die Beschäftigung mit der Erinnerung an den Holocaust ließ ihn spätestens nach 1990 zunehmend zum politischen Akteur werden. An der Seite der Publizistin Lea Rosh wurde er mit der „Bürgerinitiative Perspektive Berlin e.V.“ zum Motor des später im Zentrum Berlins gebauten Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Denkmalsstiftung, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), würdigte Jäckel deshalb im Nachruf vom 17. August auch als einen der „engagiertesten und wirkungsvollsten Streiter der Bundesrepublik für die Erinnerung an den Holocaust“. (bä)





Erste Sätze

Versuchen wir, uns über so problematische Gegenstände wie die menschliche Natur, Kultur, Gesellschaft und Geschichte klar zu werden, so sagen wir niemals genau das, was wir sagen möchten, oder meinen genau das, was wir sagen.

Hayden White: Auch Klio dichtet. Oder die Fiktion des Faktischen, Stuttgart 1986





Historisches Kalenderblatt

27. August 1987: Die SPD-Grundwertekommission unter Vorsitz von Erhard Eppler und SED-Kader der Ost-Berliner Akademie für Gesellschaftswissenschaften legen ein gemeinsames Strategiepapier vor, in dem sie die Zweistaatlichkeit Deutschlands hervorheben.