© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Umwelt
Wasser zum Abdrehen
Volker Kempf

Deutschland ist das Land der Wassersparer: Verbrauchte 1990 noch jeder Deutsche durchschnittlich 147 Liter Trinkwasser am Tag, so waren es voriges Jahr nur noch 123 Liter. In Spanien sind es mehr als doppelt soviel, in den USA fast 300 Liter – doch da kostet der Kubikmeter 50 Cent, in Deutschland aber zwei Euro. Bringt der sparsamere Umgang mit Wasser ökologisch aber überhaupt etwas? Wasser gibt es doch hierzulande mehr als genug. Das Umweltbundesamt (UBA) klärt nun auf: Es gehe grundsätzlich darum, daß sauberes Wasser nicht zu schmutzigem Wasser gemacht wird. Das spare auch Kläranlagenkapazitäten. Dem Geldbeutel bringt Wassersparen weniger, denn im Preis sind auch Grundkosten enthalten. Diese bleiben bestehen und werden auf die gesunkene Verbrauchsmenge umgelegt.

Die Sensoren zwingen Verbraucher dazu, viel am Wasserhahn herumzufuchteln.

Nach einer drohenden Umweltkatastrophe klingt das nicht, gespart wird trotzdem. Gab es vor 20 Jahren noch mechanische Wasserstopper für Wasserhähne, die bei falscher Anwendung eine Wohnung unter Wasser setzen konnten, so brachte der Fortschritt im 21. Jahrhundert Sensoren zur Wasserregulation hervor. Kein Bad und keine Wohnung gerät damit unter Wasser. Aber die Sensoren führen für Verbraucher dazu, viel am Wasserhahn herumfuchteln zu müssen. Gut möglich, daß am Ende sogar mehr Wasser verbraucht wird. Wie Fred Grimm, Autor von „Shopping hilft die Welt verbessern“, im Bioladen-Magazin Schrot & Korn (7/17) nach einem Selbstversuch bemerkt, sorgen vor allem aber Spritzer für verdächtige Flecken auf der Hose. Das Wasser läuft dann noch immer aus dem Hahn, aber mit dem gestreckten Mittelfinger vor dem Sensor ändert sich auch das. Die Technik scheint so schlecht doch nicht zu sein, wenn man sich auf sie nur einmal mit ganzer Emotion einläßt. Mittlerweile wird selbst Umweltbewußten der Ökofimmel etwas lächerlich.