© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Aufgeschnappt
Unsensibel verweht
Matthias Bäkermann

Die Schlußszene des vierstündigen Dramas mit der in Tränen aufgelösten Scarlett O’Hara und der berühmten Schmachtmusik von Max Steiner wird im Orpheus Theatre in Memphis/Tennessee nie wieder Cineasten aus ihren warmgesessenen Kinosesseln erlösen. Die Verantwortlichen des historischen Filmpalastes haben nämlich aktuell den Erfolgsstreifen „Vom Winde verweht“ mit dem Hollywood-Traumpaar Vivien Leigh und Clark Gable nach 34 Jahren aus dem Programm genommen. Gegenüber dem US-Magazin Entertainment Weekly schätzt Kinodirektor Brett Batterson den mit insgesamt zehn Oscars ausgezeichneten Publikumsliebling aus dem Jahr 1939 für seine Heimatstadt als zu „kulturell unsensibel“ ein, da in Memphis mehrheitlich Afroamerikaner wohnen.

Das Südstaaten-Epos aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs provoziere gerade mit Hintergrund der jüngsten Auseinandersetzungen in Charlottesville um das Gedenken an die Konföderierten die Empfindlichkeiten vieler Schwarzer, wie wütende Reaktionen in den Sozialen Medien bereits bewiesen. Die Zeit der Sklaverei werde zu sehr romantisiert, kritisierte der berühmte US-Filmkritiker Lou Lumenick schon 2015 in der New York Post, daher sei der Film „subtil rassistisch“.