© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Magdeburger Murren
Kommission gegen Linksextremismus: Im Landtag von Sachsen-Anhalt stimmen Teile der CDU einem Antrag der AfD zu / Koalitionspartner reagieren verschnupft
Peter Freitag

Punktsieg für André Poggenburg: Seine AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hat am vergangenen Donnerstag ihren Antrag für eine Enquetekommission zur Untersuchung von Linksextremismus durchgesetzt. Das ist an sich gar nicht so aufsehenerregend, denn allein schon die Stimmen der AfD hätten dafür ausgereicht. Aber es gab Zustimmung eines Teils der CDU-Fraktion. Und das entbehrt nicht einer gewissen Brisanz, regiert die doch in Magdeburg gemeinsam mit SPD und Grünen in einer sogenannten Kenia-Koalition. 

„Endlich wird es auch in Sachsen-Anhalt möglich, sich intensiv mit dem Linksextremismus auseinanderzusetzen“, freute sich Poggenburg. Bislang seien die Gefahren des Linksextremismus „gekonnt ausgespart“ worden. Durch die Kommission werde die Landesregierung in die Lage versetzt, die Bedrohungen des Linksextremismus „konkret anzugehen“. Außerdem gehe es auch darum, „wie eng das linke Netz gespannt ist zwischen der sogenannten Zivilgesellschaft und der militanten Antifa“, so der AfD-Fraktionsvorsitzende. 

„Wenn Sie ‘Linksextremist’ sagen, dann meinen Sie in Wirklichkeit ‘Andersdenkender’“, empörte sich dagegen der SPD-Abgeordnete Rüdiger Erben in Richtung der Antragsteller. Für Sozialdemokraten und Grüne ist die Kommission „billiger Wahlkampf“ und ein „Ablenkungsmanöver“ der AfD, das an den wahren Problemen des Landes vorbeigehe. Die Linkspartei kündigte bereits an, nicht in dem Gremium mitzuarbeiten. 

Sauer stößt vor allem den Grünen auf, daß Abgeordnete der CDU mit der AfD gestimmt hatten. Er könne diese Entscheidung nicht nachvollziehen, monierte der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel. Die Union habe sich als nicht verläßlich erwiesen, ihr Abstimmungsverhalten sei nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt. „Wie glaubwürdig ist die Abgrenzung der Union nach rechts noch, wenn sie gegen die eigenen Koalitionspartner mit der AfD paktiert?“, fragte sein prominenter Parteifreund Jürgen Trittin. 

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt meinte dazu, man sei grundsätzlich „als Demokraten dafür, daß man jede Form des Extremismus untersuche, auch die des Linksextremismus“. Daß nicht wenige Christdemokraten im Land sich der AfD politisch näher fühlen als den Grünen oder Sozialdemokraten, ist kein Geheimnis. Die Abstimmung am vergangenen Donnerstag war also nur ein weiterer Fingerzeig. Und vielleicht eine späte Rache dafür, daß Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) im Dezember vergangenen Jahres eine geplante Diskussion mit dem Publizisten und Verleger Götz Kubitschek am Magdeburger Theater nach Intervention der Koalitionspartner absagen mußte. Stahlknecht wollte mit den „neuen Rechten“ debattieren; das gehöre zur Meinungsfreiheit, bekräftigte er. 1989 hätten die Menschen in der DDR auch dafür demonstriert. Daß ihn der Regierungssprecher öffentlich zurückpfiff, sorgte in der Landes-CDU für Unmut.

Die Enquetekommission gegen Linksextremismus soll ihre Arbeit zu Jahresbeginn 2018 aufnehmen.