© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Frisch gepresst

Alfred Ehrhardt. Unter den großen Fotokünstlern seiner Generation, Albert Renger-Patzsch, Leni Riefenstahl, Walter Hege, Herbert List, Walter Frentz, Arvid Gutschow, gilt Alfred Ehrhardt (1901–1984) als der „Naturphilosoph mit der Kamera“. Davon zeugen  seine heute antiquarisch seltenen und entsprechend teuren Bildbände aus den dreißiger Jahren, Klassikern der „Neuen Sachlichkeit“, die den Schlick des Wattenmeers oder den Sand der Kurischen Nehrung ablichten. Nach Kriegsende, als Ausgebombter zurück in Hamburg, brach Ehrhardt zu Foto- und Filmexkursionen ins alte Herzogtum Schleswig auf, um Landschaftsmotive einzufangen für sein zweibändiges Werk „Zwischen Schlei und Eidermündung. Eine alte Welthandelsstraße des Nordens“. Erschienen ist 1947 aber nur der zweite, von Hollingstedt nach Friedrichstadt führende Band – der erste hat siebzig Jahre auf sich warten lassen. Denn erst kürzlich entdeckte man die zwischen Schleimünder Leuchtturm und Schleswiger Dom entstandenen Aufnahmen in einem „vergessenen Karton“ in der Berliner Al-fred-Ehrhardt-Stiftung. Sie werden in diesem Sommer in einer gediegenen Ausstellung des Schleswiger Stadtmuseums sowie in einem dazu komponierten, kunsthistorisch leider entschieden zu wortkargen Begleitbuch endlich öffentlich präsentiert. (wm)

Dörte Beier, Marie Christine Jadí (Hrsg.): Zwischen Schlei und Eider. Alfred Ehrhardt. Fotografien aus den 1930er und 40er Jahren. Sutton Verlag, Erfurt 2017, broschiert, 119 Seiten, 20 Euro




Provinziell. Der Autor zeichne „ein großes, glänzend geschriebenes Porträt unseres Landes“, preist der Verlag vollmundig den Bericht des Zeit-Reporters Henning Sußebach, der sich per pedes in fünfzig Tagen von der mecklenburgischen Ostseeküste bis zur Zugspitze durchgeschlagen hat. Tatsächlich hätte dieses Thema die Möglichkeit geboten, ein emphatisches und heterogenes Porträt über Land und Leute „ab vom Wege“ zu zeichnen, wie es viele große Reiseschriftsteller vermochten. Leider gerät Sußebachs „Reise durch das Hinterland“ stattdessen zum Kaleidoskop der vielen Befindlichkeiten des Autors bei einem Selbsterfahrungstrip. Spürbar fremdelt er mit seinem Darstellungsobjekt und stolpert ängstlich durch die monotone Provinz – sein Pfefferspraydöschen gegen plötzlich zu erwartende Nazi-Angriffe immer griffbereit am Gürtel. (bä)

Henning Suße-bach: Deutschland ab vom Wege. Eine Reise durch das Hinterland. Rowohlt Verlag, Reinbek 2017, gebunden, 185 Seiten, 19,95 Euro