© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Ländersache: Bayern
Designierter Söder-Verhinderer
Thorsten Brückner

Genauso krachend, wie sie ihn in die Versenkung befördert haben, hat ihn seine Partei pünktlich für den Bundestagswahlkampf wieder hervorgeholt. Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg – diesmal ohne „Doktor“. Der Titel kostete ihn 2011 die Plagiatsaffäre, über die er auch sein Amt als Verteidigungsminister verlor.

Die Herzen der Menschen in seinem früheren Wahlkreis Kulmbach-Lichtenfels flogen dem blaublütigen Oberfranken allerdings vergangene Woche zu wie eh und je. Dort holte er 2009 mit 68,1 Prozent das bundesweit beste Erststimmenergebnis. Dort lauschten über tausend aus ganz Nordbayern angereiste CSU-Parteimitglieder seinem Vortrag, bei dem sich der mittlerweile in New York lebende Außenpolitikexperte durchaus zur Selbstironie fähig zeigte.

Er wolle nicht einmal mehr riskieren, eine abgeschriebene Rede zu halten, flachste er. Zur Innenpolitik wolle er sich nicht äußern: „Davon verstehe ich nichts mehr.“ Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat ihn für den Wahlkampf wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert. Böse Zungen im Freistaat behaupten, daß Seehofer nur ein einziges Ziel mit der Personalie verbindet: seinen Intimfeind Markus Söder als Nachfolger zu verhindern.

 Das mögliche Gedankenspiel ist eine Postenrochade: Joachim Herrmann geht nach einiger Zeit als deutscher Innenminister zurück nach München, um Seehofer zu beerben. Dafür rückt Guttenberg als Außenminister nach Berlin. Drei Franken wären in der komplizierten Regionalarithmetik der Christsozialen einer zuviel. Söder hätte das Nachsehen. Das Amt des Ministerpräsidenten traut dem in transatlantischen Sphären wandelnden Guttenberg kaum jemand zu. Ein Ministeramt im Freistaat erst recht nicht.

Anders sieht das Seehofer, der ihn sowohl in Bayern als auch im Bund für ministrabel hält. Bei seinem Auftritt am Montag beim politischen Gillamoos im niederbayerischen Abensberg kam Guttenberg aber nicht ohne innenpolitische Anklänge aus. „Wir müssen darauf achten, daß die Menschen verstehen, wofür eine bürgerliche und konservative Politik steht“, forderte er. Wer als Flüchtling nach Deutschland komme, müsse die Kultur annehmen und Deutsch lernen.

Angela Merkel überschüttete er mit Lob für ihre außenpolitische Erfahrung. US-Präsident Donald Trump bezeichnete er hingegen als „blonden Schachtelteufel“ und „blonden Wüterich in Washington“. Beziehungen solle man statt zur Regierung lieber zu den vernünftigen Köpfen aufbauen, die es dort noch gebe, „für eine Zeit nach Trump“. Meinte er damit etwa seine Kumpels im „Center for Strategic and International Studies“, also jenem Thinktank, wo er sich nach seinem ruhmlosen Abgang von der politischen Bühne selbst zwischengeparkt hat?

 Zum Söder-Schreck, soviel wurde zu Beginn der Auftritt-Serie Guttenbergs deutlich, taugt der mittlereile 45 Jahre alte Ex-Plagiator noch nicht. Eine Hausmacht muß er sich erst wieder mühevoll aufbauen. Seinen Wahlkreis hat jetzt die frühere Lichtenfelser Korbstadtkönigin Emmi Zeulner inne, Bezirksvorsitzender in Oberfranken ist mittlerweile der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich.