© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

„Verdienstvolle Arbeit“
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen: Bundesinnenminister de Maizière besucht ein Präventionsprojekt für Schüler gegen Linksextremismus
Christian Vollradt

Voll des Lobes war der Bundesinnenminister: „Sie machen hier eine verdienstvolle Arbeit“, sagte Thomas de Maizière (CDU) am Montag in der Gedenkstätte des ehemaligen Gefängnisse der DDR-Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen. Bei seinem Besuch stand weniger die Geschichte des Ortes im Fokus, sondern die Bildungsarbeit zum Thema Prävention gegen Linksextremismus. 

Hohenschönhausen sei eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland, die mit Schülern daran arbeitet, gar nicht erst anfällig zu werden für den Linksextremismus,“ meinte de Maizière anerkennend in Richtung Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe. Auf ihn geht die Idee zurück: So wie in KZ-Gedenkstätten neben der historischen Aufklärungsarbeit auch Seminare über Erscheinungsformen des heutigen Rechtsextremismus stattfinden, sollte analog dazu in Hohenschönhausen zusätzlich der aktuelle Linksextremismus thematisiert werden. 

Über 21.000 Schüler haben bisher an den 1.435 Seminaren teilgenommen. Diese Seminare dauern in der Regel einen Tag, sie finden entweder in der Gedenkstätte statt oder aber in der jeweiligen Schule. In diesem Jahr stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend knapp 270.000 Euro zur Verfügung.

Von den Schülern werden die Seminare gut angenommen, resümiert Gerold Hildebrand, ein ehemaliger DDR-Oppositioneller, der für die Gedenkstätte tätig ist. Besonders spannend seien die Rollenspiele. Die  meisten Jugendlichen, mit denen man arbeite, lehnten Gewalt, wie sie Linksextreme im „Kampf gegen Rechts“ für legitim halten, klar ab, so Hildebrand. 

Für die Zukunft              mehr Geld versprochen

Während de Maizières Besuch debattierten gerade Schüler einer 9. und einer 10. Klasse aus dem hessischen Bad Hersfeld über die Frage, ob es sinnvoll sei, gegen eine Kundgebung der NPD zu demonstrieren. Auf einer Thesensammlung steht: nein, dadurch könnten nur noch mehr Kosten und Schäden entstehen, Bürger könnten durch die Gegendemo verunsichert werden. Titel des entsprechenden Themenmoduls: „‘Antifa heißt Angriff’ – Mit Gewalt gegen Rechtsextremismus?“ Anschließend sahen die Jugendlichen mittels einer Virtual-Reality-Brille einen Film über die Krawalle während des G20-Gipfels in Hamburg. Darin schilderte ein Polizist, wie es sich anfühlt, mit Molotowcocktails angegriffen zu werden, und ein Drogeriebesitzer berichtet von seinem verwüsteten Geschäft.

Fazit des Ministers für die Innere Sicherheit: Es gebe nichts schön- oder kleinzureden, da darf nichts verharmlost werden. „Auch mit linken Extremisten haben wir ein Problem in Deutschland.“ 

Wiederholt wird in Hohenschönhausen auch die Kritik, daß die Gesamtfördersumme für Projekte gegen Linksextremismus nur fünf Prozent der Bundesmittel gegen Rechtsextremismus entspricht. Ja, gesteht der Christdemokrat, bei letzteren gebe es ein Übergewicht. Zum Abschied versprach de Maizière, die Prävention gegen den Linksextremismus aus dem Schattendasein herauszuholen: „In der nächsten Legislaturperiode werden wir mehr Geld für solche Projekte zur Verfügung stellen.“ Man darf gespannt sein, ob dies auch nach der Wahl noch gilt.