© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/17 / 15. September 2017

Émile Duports Anti-Abtreibungsbewegung macht in Frankreich von sich reden
Der Überlebende
Jürgen Liminski

Er sieht nicht bürgerlich aus, hat auf seinem Ring „Pater Noster“ eingraviert, auf seiner Lederjacke prangt eine Brosche mit dem Bild der Gottesmutter von Guadalupe, breite Sonnenbrille, lose Turnschuhe, lockerer Schal – auch bei sommerlichen Temperaturen. Émile Duport ist das Enfant terrible einer neuen Generation von Abtreibungsgegnern. Der 37jährige Chef einer selbstgegründeten Werbeagentur hat eine Bewegung ins Leben gerufen, die in Frankreich von sich reden macht: „Les Survivants“ – „Die Überlebenden“. Immerhin jeder fünfte Franzose, so Duport, sei der Abtreibung entkommen. 

Sein jüngster Coup: Nach dem Tod der Landesikone Simone Veil am 30. Juni stellte er die mehr als fünfzigtausendmal geteilt Seite simoneveil.com ins Netz mit einem nüchternen Lebenslauf der Politikerin, die als Ministerin unter Giscard d’Estaing 1975 die Abtreibungsgesetze liberalisierte und auf allen Kanälen gefeiert wurde. Am Tag des nationalen Gedenkens zu ihren Ehren war dort zu lesen: „Die Wahrheit ist, daß Simone Veil und ihre Ziele verraten wurden, da das Gesetz so oft modifiziert worden ist, daß es die Gesundheit der Frau nicht gefördert hat. Im Gegenteil.“ Seither tobt ein Sturm gutmenschlicher Entrüstung. 

Duport, der wie ein Hipster aussieht, wird als reaktionärer Ultrakatholik verschrieen. Dabei will er das Gesetz Veil gar nicht aufheben. „Unsere Generation lebt damit, wir haben alle eine Freundin oder Bekannte, die abgetrieben hat und uns von den – auch seelischen – Leiden berichtet, die damit verbunden sind. Wogegen wir uns erheben ist die unglaubliche Ungerechtigkeit, daß Lebensrecht zu verweigern.“ 

Duport operiert nach der Methode Greenpeace: Spektakuläre Aktionen im Netz, unangemeldete Plakate mit dem Bild von Einstein, Gandhi oder Bob Marley als Embryo und einem Strich mittendurch, auf dem steht: „Abbruch eines Genies“. Seine Internetseiten, ein halbes Dutzend, zeigen Videos, die politisch nicht einzuordnen sind. „Wir sind weder links noch rechts“, sagt er, „uns geht es ums Überleben.“ 

Der Pariser, Sohn einer Literatur-Professorin und eines Weinhändlers, hat die Mechanismen der Mediengesellschaft internalisiert: Aufmerksamkeit wecken, schocken, Emotionen provozieren. Ideen hat er viele, angefangen bei einer Life-Parade, die „die dauerhafte und ebenbürtige Liebe“ von Mann und Frau demonstrieren soll, bis hin zu Forschungen über die „Bio-Liebe“, über die Zyklen der Frau und die Natürlichkeit der Sexualität. Er will der Jugend zeigen, daß es nicht darauf ankommt, bequem zu leben, sondern glücklich zu sein. Dazu gehöre ein Leben mit Tiefgang, das auch Überraschungen nicht ausweicht und das einen Kompaß hat. In diesem Sinn scheut er sich auch nicht vor dem Bekenntnis: „Wir Christen haben einen großen Vorteil“, erinnert Émile Duport, „wir wissen, wer wir sind.“