© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/17 / 29. September 2017

Grundsatzrede von Emmanuel Macron
Imperiale Geste für Europa
Jürgen Liminski

Napoleon teilte einmal mit kaiserlichem Gestus die Welt in Rußland und den Okzident. Mit Okzident meinte er vor allem Frankreich. Der republikanische Monarch Macron sieht es in imperialer Selbstüberschätzung ähnlich: Europa und die anderen. Und mit Europa meint er vor allem die EU unter Führung Frankreichs, sozusagen als stichwortgebender Primus inter pares, soviel Demokratie muß heute schon sein. 

Jedenfalls beschwört seine mittlerweile dritte Grundsatzrede zur Zukunft Europas die Größe des alten Kontinents. Und alte Ideen: Soziale und steuerliche Konvergenz, eine Wirtschaftsregierung der Eurozone mit eigenem Finanzminister und starkem Budget, den Euro für alle, eine gemeinsame Verteidigung, eine EU-Agentur für Innovation, transnationale Listen für die Europawahl, etc. etc.

Macron weiß natürlich, daß Berlin ihm nach den Wahlen noch weniger folgen kann als zuvor. Selbst wenn Merkel wollte. Seine Vorschläge sind selbst eurobesoffenen Politikern in der deutschen Hauptstadt zu teuer, zu illusionär. Dennoch will er die Diskussion jetzt. Ist es der Druck der Finanzoligarchie, der er soviel verdankt? Will er von seiner innenpolitischen Lage ablenken? Oder sich mal wieder als politischer Messias in Szene setzen? Wohl von allem etwas, und dafür reicht eine imperiale Geste an der Sorbonne allemal.