© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/17 / 29. September 2017

Problem oder Popanz?
Sicherheit: In Mecklenburg-Vorpommern geraten „Prepper“ ins Visier der Behörden
Martina Meckelein

Sie nennen sich „Prepper“: Menschen, die sich gegen die Auswirkungen einer Katastrophe zu wappnen versuchen. Egal ob Flut, Stromausfall oder Euro-„Crash“. Sie legen Vorräte an, errichten Bunker, bauen Gemüse an. 

Im Mai 2017 gerieten Prepper ins Visier des Generalbundesanwaltes. Der Verdacht: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Im August dann wurden Häuser und Büros in Mecklenburg-Vorpommern vom Bundeskriminalamt durchsucht. Mit dabei auch ein Spezialeinsatzkommando. Ein Anfangsverdacht, keine Haftbefehle. Dennoch war das Presseecho enorm. Auf die Spur der Prepper waren die Fahnder durch Ermittlungen gegen den terrorverdächtigen Bundeswehroffizier Franco A. geraten (JF 19/17). Jetzt ist es still um die Prepper aus dem hohen Norden geworden. Haben die Behörden überreagiert?

Überschneidungen zu „Reichsbürgern“?

„Ich bin überrascht, daß man im Innenministerium bisher nichts mit dem Begriff Prepper anfangen konnte“, meint Nikolaus Kramer, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. 

Hauptverdächtige sind ein Anwalt aus Rostock und ein Polizeibeamter aus Ludwigslust. Auch bei vier weiteren, die nicht als Tatverdächtige gelten, wurden die Häuser durchsucht. Sie sollen alle einer Prepper-Gruppe namens „Nordkreuz“ angehören und Bundeswehr-Reservisten sein.

Im Zentrum der internen Chats der Gruppe „soll die politische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland, namentlich die aus ihrer Sicht verfehlte Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik, gestanden haben“, so die Bundesanwaltschaft. Die Beschuldigten sollen „eine Verarmung der privaten und öffentlichen Haushalte sowie eine Zunahme von Anschlägen und sonstigen Straftaten bis hin zum Zusammenbruch der staatlichen Ordnung befürchtet haben“. Deshalb, so der Verdacht, hätten sie sich „mit Lebensmitteln sowie Munition für ihre bereits legal beschafften Waffen eingedeckt“. Den Krisenfall hätten sie dann als Chance genutzt, „Vertreter des politisch linken Spektrums festzusetzen und mit ihren Waffen zu töten“. Dazu hätten die Beschuldigten eine Liste mit Namen und Personalien angelegt. Insgesamt sollen fünftausend Namen auf der Liste stehen, davon seien einhundert Politiker. Am selben Tag zog Peter Ritter, innenpolitischer Sprecher der Linken im Landtag, im Prepper-Fall sogleich Parallelen: „Dies erinnert stark an das Vorgehen des Nationalsozialistischen Untergrunds.“

Der tatverdächtige Rechtsanwalt ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft für das Unabhängige Wählerbündnis für Rostock (UFR). Dessen Fraktionsgeschäftsführer Maik Graske zur JF: „Im Moment stehen wir alle da und wissen gar nichts, er hat sich krank gemeldet. Wir haben noch keine Anklage der Staatsanwaltschaft gesehen. Wenn was dran ist an der Sache, wird er ausgeschlossen.“

Der tatverdächtige Polizeibeamte ist zur Zeit vorübergehend vom Dienst suspendiert. Für Thüringens Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer ist die Tatsache, daß in der Gruppe „Nordkreuz“ Polizisten aktiv sind, ein Alarmsignal: Wer denke, „daß das Ganze dem Untergang geweiht ist, hat im Grunde genommen nichts in diesen Behörden zu suchen“, sagte er dem NDR-Magazin „Panorama“. Auch die sogenannten Reichsbürger seien lange „verniedlicht und verharmlost“ worden, warnte der Verfassungsschützer Kramer. Ohne daß beide Gruppen gleichzusetzen seien, „sind Überschneidungen erkennbar“, etwa was den Erwerb von Waffen betreffe.

Jetzt stellte sich in Mecklenburg heraus, daß keine Todeslisten gefunden wurden. „Wir wurden dahingehend im Innenausschuß unterrichtet“, sagt der AfD-Abgeordnete Kramer. „Es sind drei Aktenordner mit Loseblatt-Sammlungen von Namen. Wir werden den Generalbundesanwalt von uns aus anschreiben, um Aufklärung bitten. Um eine aktuelle Lageeinschätzung zu Verbindungen zwischen der Prepper-Szene und der Bundeswehr zu erhalten, wollen wir den Reservistenverband, den Deutschen Bundeswehrverband und das Landeskommando Mecklenburg-Vorpommern zu Gesprächen einladen.“ 

Innenminister Caffier (CDU) hat die Einrichtung einer Kommission zur Beleuchtung der „Prepper-Szene“ verfügt. AfD-Innenexperte Kramer dazu: „Wir können davon ausgehen, daß es bis zum Erkenntnisgewinn ein Jahr dauern wird.“