© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Knapp daneben
Geldwerte Vorteile
Karl Heinzen

Ab welchem Ausmaß ist die morgendliche Beköstigung eines abhängig Beschäftigten durch seinen Arbeitgeber lohnsteuerlich als „Frühstück“ zu werten? Auf diese Frage hat nun das Finanzgericht Münster eine Antwort formuliert. Sein Urteil erging bereits Ende Mai. Veröffentlicht wurde es allerdings erst jetzt, vielleicht, weil man dieses Thema aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten wollte.

Zu entscheiden hatte das Gericht über einen komplexen Grenzfall. Ein Softwareunternehmen beschafft Tag für Tag etwa 150 Brötchen, auf die seine knapp 80 Mitarbeiter ebenso wie Besucher in der Kantine gratis zugreifen dürfen. Darüber hinaus steht dort ein Automat zur Verfügung, an dem kostenlos Heißgetränke gezogen werden können. Aus der Sicht des zuständigen Finanzamtes handelt es sich dabei um einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks. Daher konfrontierte es das Unternehmen mit der Aufforderung, Lohnsteuer in Höhe von etwa 1,50 Euro pro Tag und Mitarbeiter nachzuzahlen. 

All der Luxus, den Unternehmen ihren Arbeitnehmern bieten, sollte steuerpflichtig sein.

Die Münsteraner Richter schlossen sich dieser Beurteilung jedoch nicht an. Zu einem vollwertigen Frühstück gehört nach ihrer Meinung auch ein Brotaufstrich, den das Unternehmen nicht bereitgestellt habe. Das letzte Wort ist dem Bundesfinanzhof vorbehalten. Dort wird nicht zuletzt abzuwägen sein, ob die Sichtweise des Finanzgerichts Münster noch zeitgemäß ist. Der Trend geht dahin, daß die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschwimmen. Daher wäre es angebracht, all den Luxus, den Unternehmen ihren Arbeitnehmern bieten, als steuerpflichtige Sachbezüge zu werten. Beschäftigten wird durch ihre Betriebe eine möblierte und beheizte Immobilie bereitgestellt. Sie verbrauchen Wasser und Strom. Manche nutzen sogar die büroeigene IT für ihr Privatvergnügen. Dieser geldwerte Vorteil ließe sich ohne weiteres beziffern und der Einkommensteuerpflicht unterwerfen. Ihr sich zu entziehen würde niemandem in den Sinn kommen. Jeder weiß, daß es billiger ist, die Zeit im Betrieb totzuschlagen, statt daheim Kosten zu produzieren. Warum sonst würde man schließlich arbeiten?