© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/17 / 27. Oktober 2017

CD-Kritik: Alexandre Tharaud
Hommage à Barbara
Jens Knorr

Neigen wir unser Ohr einer Nation, deren spezifische Leitkultur diesseits und jenseits der Sprache auch einer „Integrationsbeauftragten“ ohne weiteres identifizierbar sein dürfte: der französischen. Im November 1997, auf dem Begräbnis von Barbara, geboren als Monique Andrée Serf, begannen die Zusammenstehenden, ihre Chansons zu summen. Einen von ihnen, den französischen Pianisten Alexandre Tharaud, verfolgte seitdem der Gedanke, Barbaras Chansons wieder und wieder zu singen. Zwanzig Jahre später nun hat er Freunde, Sänger, Musiker, Schauspieler versammelt, die Barbaras Chansons interpretieren, weiterdenken, weiterkomponieren und mit ihren eigenen Biographien verbinden: Juliette Noureddine, Jane Birkin, Luz Casal, Bénabar, Dominique Ané, Guillaume Galienne, Juliette Binoche, Vanessa Paradis, Hindi Zarah, Renaud Capuçon und, und, und, und sogar Helmut Berger, der Barbaras berühmtes „Göttingen“ rezitiert, allerdings nur in der limitierten Erstauflage des Doppelalbums enthalten. Und unter allem liegt Tharauds reinzartes Spiel, präzis angeschlagener silber-bleicher Ton des schwarzen Klaviers, Barbaras zentralem Instrument.

Dem Hörer nisten sich Textsplitter, Melodiefetzen, Motive ins Ohr ein und lassen sich nicht mehr ausweisen. Barbara ist da, mehr denn je, sie lebt in mehr als fünfzehn Stimmen.

Alexandre Tharaud Barbara Erato (Warner Classics), 2017  www.alexandretharaud.com